8. - 25. Juni
Rånö - Utö - Malma Kvarn - Stockholm - Rastaholm - Trosa - Nyköping - Arkösund
Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja: 88,5 Seemeilen. 165 Kilometer. Ich wiederhole es gern: Das war der Törn von Visby auf Gotland bis zur kleinen Insel Rånö im Stockholmer Schärengarten, nahe der Stadt Nynäshamn.
Erst hatten wir wenig Wind, dann fast gar keinen mehr. Doch zum Glück haben wir einen Motor und viel Zeit nach hinten, denn im Juni wird es ja kaum noch dunkel in diesen Breitengraden. Ein wenig Nebel zog auf, dann zog er wieder ab. Sehen konnten wir trotzdem nichts: kein Land, keine anderen Schiffe. Und das über viele Stunden.
Gegen Mitternacht und bei absoluter Flaute kamen wir in der kleinen Ankerbucht auf Rånö an. Außer uns ankerten nur drei weitere Segelboote in diesem geschützten Gewässer.
Wir blieben einen Tag. Es war ruhig und erholsam - bis auf das eine Mal, als, klamm und heimlich, der Anker nicht mehr hielt und wir uns überrascht in einer anderen Ecke der Bucht wiederfanden.
Am 10. Juni tuckerten wir dann die 6,6 Seemeilen zur nächsten Insel Utö, wo wir mit Heckanker am Steg vor dem Versorgungsgebäude lagen. Kiosk und Café, Dusche und Sauna direkt vor der Tür. Von achtern wurden wir durch die vorgelagerte Insel Stora Persholmen geschützt, die durch eine Fußgängerbrücke mit der Hauptinsel verbunden ist. Im Sommer soll der Hafen brechend voll sein, die regelmäßig verkehrende Fähre ganze Heerscharen an Touristen ausspucken, doch noch hatten wir reichlich Auswahl an Liegeplätzen.
Utö ist landschaftlich sehr schön und hat eine spannende Geschichte:
Abgesehen von den üblichen Hinterlassenschaften der Wikinger wurde bereits im Mittelalter Erz auf der Insel entdeckt; seit dem 17. Jahrhundert dann wurde es in großem Stil abgebaut. Auf unserer Tour über die Insel kamen wir nicht nur an der holländischen Windmühle vorbei, die man schon weit übers Wasser sehen kann, sondern auch an stillgelegten Bergwerken: tiefen, mit Wasser gefüllten Gruben. Wir liefen zur felsigen Bucht Rävstavik im Süden und auf dem Rückweg durch die Lurgatan, in der sich die ehemaligen Wohngebäude der Grubenarbeiter befinden, die Ende des 18. / Anfang des 19. Jahrhunderts errichtet wurden. Heute ist es eine attraktive Wohngegend.
Anschließend gingen wir in die Sauna, die jeden Tag um 16 Uhr für die Hafengäste angeheizt wird, und anschließend kurz vom Boot aus ins Wasser - also, ich noch deutlich kürzer als Thomas, der immerhin bis zum nächsten Steg schwamm. Das Wasser war nämlich erst 12° Grad "warm".
Das war (zumindest für mich) bisher auch das einzige Mal.
Auch die beiden folgenden Tage blieben wir noch auf Utö, weil es entweder zu nass oder zu windig war. Aber immer wieder war auch schön genug, um neue Wege zu erkunden.
Erst am 13. Juni, einem Freitag, ging es für uns weiter nach Malma Kvarn. Sonnenschein, kalter Wind - mal wieder direkt von vorn - eine herrliche Schärenlandschaft. Auch Malma Kvarn liegt entzückend zwischen einem Flickenteppich aus Schären, geschützt in einer kleinen Felsenbucht. Kleine, rote Häuschen, Schafe. Jeden Tag fuhr die Segelschule vom Ufer gegenüber mit ihren Jollen hinaus. Fäkalien-Abpumpstation mit Möwennest. Die Möwe kreiste nervös über uns, als wir zwei Tage später kurz dort anlegten, denn durch die Eierschalen hatten sich bereits kleine Schnäbel gepickt.
Wir drehten noch eine Runde um die kleine Insel Radalsholmen in der Bucht rechts von uns, dann eine um die noch kleinere Insel Skepparholmen in der Bucht links von uns, bevor wir uns über Saltsjöbaden auf den Weg nach Stockholm machten.
Es war sonnig und es wurde immer wärmer. Das Thermometer stieg bis auf 26° Grad. Und die Strecke, die wir fuhren, war extrem schön und spannend.
Vor allem die Meerengen südlich und westlich der Insel Nacka gaben uns bereits einen Vorgeschmack auf den Götakanal. Die Ufer an beiden Seiten waren (fast) zum Greifen nah und wir konnten uns kaum für eines der schönen Häuser entscheiden, die auf den Felsen am Wasser standen und gaaanz bestimmt unbewohnt waren.
Je näher wir Stockholm kamen, desto gediegener wurde die Bebauung. Auffällig viele Motorboote kreuzten unseren Weg: Kleine, schnelle Motorboote sind offensichtlich die Verkehrsmittel schlechthin für die Wege zwischen den vielen großen und kleinen Inseln und Schären.
Im Stadtgebiet von Stockholm kamen Kreuzfahrtschiffe und zahlreiche Fähren hinzu (und ich schwöre, dass ich eine Fähre gesehen habe, die aussah wie ein Bus!).
Wir hatten einen Liegeplatz im Stadthafen Vasahamn auf der Insel Djurgården reserviert. Der Platz war zwar besetzt, als wir ankamen, und die Hafenmeisterin mit der Situation überfordert - doch letztlich lagen wir nur einen Platz neben dem gebuchten, direkt am Ufer. Es war Sonntag, die Sonne schien und es war warm. Dementsprechend viel war los, die Menschen aßen Eis und genossen das Sommerwetter.
Djurgården: eine von Stockholms 14 Inseln, die durch 57 Brücken miteinander verbunden sind. In direkter Nachbarschaft lag nicht nur das ABBA-Museum, sondern auch der Vergnügungspark Gröna Lund. Die vergnügten bzw. panischen Schreie der Besucher, die sich im freien Fall hinab von schlimm aussehenden Attraktionen befanden, waren bis zum Hafen zu hören.
Und dafür hatten die auch noch bezahlt.
In Sichtweite befanden sich noch weitere Museen: das Wikingermuseum, das Wrackmuseum, das Nordische Museum.
Aber vor allem das Vasamuseum.
Doch die Vasa musste noch etwas warten. Als wir am nächsten Tag dorthin wollten, war die Schlange vor der Tür nämlich so lang, dass wir beschlossen, noch einen Tag zu warten, um dann am nächsten Morgen pünktlich zur Öffnungszeit des Museums um halb neun auf der Matte zu stehen. Stattdessen gingen wir zunächst ins Wrackmuseum, denn es gibt Kombikarten für genau diese beiden Museen.
Nachmittags liefen wir dann nach Gamla Stan, auf die Insel, auf der die Altstadt Stockholms mit ihren gepflasterten Straßen und Gebäuden aus dem 17. und 18. Jahrhundert liegt. Hübsche Läden, Touristenshops und jede Menge schmale und noch schmalere Durchgänge und Gassen.
Das königliche Schloss. Das Nobelpreismuseum. Und daneben der Stortorget mit den beiden fotogenen Häusern, in denen sich die Cafés Kaffekoppen und Chokladkoppen befinden.
Am 17. Juni dann haben wir uns rechtzeitig auf den kurzen Weg zum Vasamuseum gemacht.
Die pracht- und prunkvolle Galeone Vasa sollte das am stärksten bewaffnete Kriegsschiff seiner Zeit werden und war zudem ein Prestigeobjekt für König Gustav II. Adolf von Schweden, der es 1620 mit zwei weiteren Schiffen zusammen in Auftrag gab. Angeblich war es Gustav Adolf selbst, der verlangte, dass auf dem oberen Batteriedeck Kanonen in gleicher Anzahl und des gleichen Kalibers wie auf dem unteren Deck installiert werden sollten.
Jedenfalls geriet das Schiff dadurch zu kopflastig. Als die Vasa am 10. August 1628 zu ihrer Jungfernfahrt aufbrach, war das Wetter ruhig, doch schon geringe Krängung führte dazu, dass Wasser in die Öffnungen für die unteren Kanonen eindrang.
Nach nur 1.300 Metern Fahrt kenterte das Schiff und versank im Stockholmer Hafen, gar nicht weit von dem Ort entfernt, an dem man es heute wieder besichtigen kann. Denn nachdem der Ort des Untergangs in Vergessenheit geraten war, wurde die Vasa 1959 wiederentdeckt und 1961 gehoben und sorgfältig restauriert.
Und das hat sich gelohnt. Wir haben einige Stunden im Vasamuseum verbracht, konnten uns kaum losreißen von diesem gewaltigen und prachtvollen Schiff mit seinen mehr als 700 Statuen und Figuren, vor allem am Heck. Diese ehemals in leuchtenden Farben bemalten Ornamente sind heute jedoch ebenso schwarz wie der ganze Rest. Die Vasa ist ein totes Schiff - aber hätte sie nicht dieses Schicksal erlitten, würde sie heute überhaupt nicht mehr existieren.
Die Ausstellung ist enorm interessant; es gibt jede Menge Artefakte, Nachbauten und Informationen, auch in Form von Filmen.
Wir waren beide schwer beeindruckt.
Für den nächsten Tag hatten wir Fahrräder gemietet, mit denen wir die Insel Djurgården umrundeten. Wir waren auch, natürlich auf meinen persönlichen Wunsch hin, in der Dalagatan 46, wo Astrid Lindgren die letzten 60 Jahre ihres Lebens verbracht hat. Man kann ihre Wohnung besichtigen, es gibt Führungen - doch die sind immer schon Monate im Voraus ausgebucht. Das ist schade, denn ich hätte mir die Wohnung sehr, sehr gern angeschaut.
Am 19. Juni bin ich noch einmal durch Gamla Stan gelaufen, bevor wir wieder abgelegt haben. Unser Ziel war die kleine Insel Rastaholm im See Mälaren. Dazu mussten wir südlich um die Stockholmer Insel Södermalm herumfahren, durch drei Klappbrücken und unter weiteren Brücken hindurch, die allerdings hoch genug waren, um sich nicht den Mast zu stoßen. Einzig an der Schleuse, die wir passierten, war festzumachen, dass wir uns nicht mehr in einem Arm der Ostsee befanden, sondern in einem See. Unsere erste Schleuse überhaupt - die wir allerdings bei nur 70 Zentimetern Unterschied in der Wasserhöhe bravourös meisterten.
Die Insel Rastaholm war mal wieder entzückend, wir saßen abends zum Essen auf der Terrasse des Clubhaus-Restaurants, während nebenan die Mittsommer-Stange geschmückt wurde. Später blieben wir bei unseren schwedischen Bootsnachbarn hängen und saßen noch lange zusammen im bequemen Cockpit ihres Motorboots.
Von Rastaholm aus ging es am nächsten Tag nach Trosa. Wer Inga-Lindström-Filme kennt, hat sich sicherlich schon mal gewünscht, die malerischen Drehorte zu besuchen. Wer Inga-Lindström-Filme nicht kennt, kann die Schönheit des Ortes auch ohne Vorbildung genießen. Die alten Holzhäuser, die an den Ufern des Flusses Trosaån stehen, sind ein Touristenmagnet.
Es war Mittsommer, es war Wochenende - es war viel los!
Am Sonntag, den 22. Juni ging es weiter nach Nyköping. Wieder zwischen Schären und Felsen hindurch, wieder gab es zahlreiche enge Durchfahrten, die wir mithilfe unseres Plotters, der die Seekarten elektronisch anzeigt, souverän meisterten. Das Wetter war schön, aber zunehmend windig.
Nach Nyköping führt eine lange, schmale und gewundene Einfahrt zwischen Wiesen und Wäldern hindurch. Der Gästehafen war fast leer. Wir liefen durch die Stadt, in der es viele schöne Ecken gibt, aber beschlossen dennoch, am nächsten Tag wieder aufzubrechen und den kommenden Regen woanders abzuwettern.
Am 23. Juni machten wir uns auf den Weg nach Arkösund. Nachts hatte es geregnet, doch während der Überfahrt blieb es trocken. Dennoch dräute am Ende des Tages ein Gewitter.
Es war bedeckt und windig - vor allem auf dem ersten Stück seit zwei Wochen über etwas freiere See. Bei Wind aus Südost hatten wir ziemlich viel Welle - das waren wir gar nicht mehr gewohnt! Doch dann tauchten wir wieder in die lauschige Welt der Schären ein, umrundeten Felsen und Inselchen und landeten schließlich bei Sonnenschein im idyllischen Arkösund, wo es Außenduschen gibt und kurze Verbindungsstege zwischen Schären und längere Stege entlang der Küste. Bunte Häuser, Boote, viel fürs Auge.
Etwa eine Stunde später brach das Gewitter los.
26. Mai - 8. Juni
Kristianopel - Kalmar - Sandvik (Öland) - Byxelkrok (Öland) - Visby (Gotland)
Der Weg von Karlskrona bis zum Kalmarsund führt durch einen Flickenteppich an Inselchen und Schären, teilweise sehr dicht unter der Küste vorbei und durch schmale Fahrrinnen. Außerdem führt er unter der Möcklösundsbron hindurch, der Brücke zwischen den Inseln Möcklö und Västernäs. Sie ist achtzehn Meter hoch. Wir sechzehneinhalb. Erstmalig habe ich einfach nicht hoch geguckt. Das ist viel stressfreier! Es sieht nämlich IMMER so aus, als würde man oben hängenbleiben.
Zum Glück ist der Fahrweg gut betonnt, so dass wir heil in den Kalmarsund gekommen sind.
Bei Sonnenschein und Wärme erreichten wir dem kleinen Ort Kristianopel, den wir uns anschließend noch ausgiebig angeschaut haben. Viel gab es zwar nicht zu sehen, aber das, was es gibt, ist hübsch und interessant: Anfang des 17. Jahrhunderts auf Order des dänischen Königs Christian IV. planmäßig angelegt, war sie eine strategisch wichtige Stadt im Grenzgebiet zu Schweden, wovon noch heute ein Stück Stadtmauer zeugt, das mittlerweile einen Campingplatz begrenzt.
Der Hafen ist von Molen, Landzungen und kleinen Stränden begrenzt und im Mai noch ruhig; man hat einen schönen Blick auf die Heilige Dreifaltigkeitskirche.
Am nächsten Tag ging es schon früh weiter, denn noch hielt das Wetter still. Noch. Aber natürlich waren wir wie immer bestens informiert und wussten, dass der Wind schon bald zunehmen würde. Daher standen wir um 5.00 Uhr auf und tuckerten um 5.30 Uhr aus dem Hafen hinaus.
Blauer Himmel, ruhige See. Herrlich.
Als wir später in Kalmar ankamen, war es schon deutlich windiger. Wir suchten uns einen schönen Platz im Stadthafen vor der Linné-Universität, gingen nur wenige Schritte weiter bei "Zegel" essen und erliefen uns dann das Kalmarer Schloss und die Altstadt. Inzwischen war es windig geworden und bewölkt.
Der folgende Tag brachte Regen (allerdings bei weniger Wind), erst nachmittags wurde es trockener und ich lief noch mal ein bisschen in Richtung Schloss und dann über den imposanten Friedhof Södra Kyrkogården.
Am nächsten Tag war Donnerstag, der 29. Mai. Himmelfahrt. Wir verließen Kalmar bei zunächst gutem Wind, später schlief er dann ein - aber dafür wurde es warm! In kurzer Hose und im T-Shirt erreichten wir den Ort Sandvik auf der Insel Öland an der gegenüberliegenden Seite des Kalmarsunds. Der erste Sommertag fiel für uns in diesem Jahr also mit Himmelfahrt zusammen. An diesem Tag liefen wir noch an der Küste entlang Richtung Norden bis zu einem Kalksteinbruch.
Der 30. Mai begann zunächst mal wieder mit Regen, besserte sich dann aber und wurde wieder warm und schön, wenn auch windig. Diesmal liefen wir an der Küste entlang in Richtung Süden und ich war im Paradies: Die Kalksteinplatten, die das Ufer bedeckten, waren voller Fossilien! In erster Linie konnte man die Versteinerungen von Ortoceren (eine Gattung ausgestorbener Kopffüßer) und Trilobiten (eine ausgestorbene Klasse meeresbewohnender Gliederfüßer) finden. Die schönsten Exemplare saßen natürlich bombenfest in den Felsen, aber wir fanden auch ein paar kleinere Steinbrocken mit fossilen Überresten, die wir mitnehmen konnten.
Unser nächstes Ziel dann war Byxelkrok im Norden Ölands. Auch hier kamen wir bei Wärme an.
Von Sandvik aus hatten wir Fahrräder mieten wollen, was aber weder online noch telefonisch geklappt hatte. Auf meine E-Mail hin hatte ich schließlich nur die Auskunft bekommen, dass im Augenblick noch kein Fahrradverleih stattfindet. Vorsaison eben.
Als wir jedoch erst einmal in Byxelkrok waren, hatte der Fahrradverleih sehr wohl geöffnet und wir sogar die Möglichkeit, E-Bikes zu mieten, was wir umgehend gemacht haben. Und zwar für den folgenden Tag.
Am 1. Juni fuhren wir dann zunächst Richtung Süden, zu "Byrums raukar". Rauken sind Kalksteinsäulen, die durch Erosion entstanden sind. Die größten dieser Säulen nahe dem Ort Byrum sind etwa vier Meter hoch. Auch hier entdeckten wir wieder zahlreiche Fossilien im Gestein.
Anschließend fuhren wir in den Norden der Insel, hauptsächlich durch Wälder. Machten einen Abstecher zum langen, weißen Sandstrand an der Nordostküste Ölands. Besuchten den weißen Leuchtturm "Langer Erik" ganz im Norden.
Mein Akku hielt etwa 40 Kilometer durch, dann musste ich strampeln. Auf dem letzten Stück hatten wir Gegenwind und Thomas hat mich geschoben.
Anschließend hatten wir uns eine Portion Fish & Chips in "Victors hamnkrog" verdient!
Der nächste Tag war wettermäßig ziemlich durchwachsen. Erst nachmittags lief ich ein Stück an der Küste entlang, wurde von Küstenseeschwalben angeschrien, kam in einen Regenguss und klatschnass wieder zurück an Bord.
Am 3. Juni dann war es mal wieder sonnig, wir hatten gute Sicht und den Wind von achtern. Auf nach Gotland!
Nachdem sich die Segel an die achterlichen Winde gewöhnt hatten, lief es gut. Ein bisschen viel Welle, aber wir kamen flott voran. Und dann, nach einigen Stunden Ostsee, Ostsee kam endlich Gotland in Sicht! Steile Klippen und die Türme der Stadt Visby.
Bei unserer Ankunft verließen gerade zwei große Fähren den Hafen, eine nach der anderen; wir schafften es dennoch ins Hafenbecken und bis ganz ans Ende, ganz nach innen, wo wir gefühlt im Herzen der Stadt anlegten.
Visby: gut erhaltene und wunderschöne mittelalterliche Hansestadt aus dem 12. Jahrhundert und UNESCO-Weltkulturerbe. Die Altstadt ist von einer fast vollständig erhaltenen dreieinhalb Kilometer langen Ringmauer umgeben. Viele ihrer ursprünglichen Türme aus dem 13. Jahrhundert sind noch intakt. Neben der Domkirche finden sich innerhalb der Stadtmauer auch die Ruinen zahlreicher im 16. Jahrhundert auf Betreiben der mächtigen Hansestadt Lübeck zerstörter Kirchen.
Apropos Hanse: Was uns vor unserer Ankunft nicht bewusst gewesen war, war, dass genau an diesem Wochenende der 45. Internationale Hansetag stattfinden würde - und das erste Mal seit 1998 wieder in Visby. Vom 5. - 8. Juni waren Delegationen und Besucher aus dem ganzen Wirkungbereich der ehemaligen Hanse angekündigt, außerdem Musik auf Bühnen, Marktstände, Kunst, Veranstaltungen.
Schluss mit Vorsaison!
Was uns vor unserer Ankunft auch nicht bewusst gewesen war: Alle Pippi-Langstrumpf-Filme sind ebenfalls in Visby gedreht worden! Pippi reitet auf dem "Kleinen Onkel" durch eines der historischen Stadttore ein, kauft dort für ein Goldstück den Süßigkeitenladen leer - und auch die "Villa Villekulla", wie die Villa Kunterbunt im Original heißt, steht nur wenige Kilometer von Visby entfernt im Freizeitpark "Kneippbyn". Dort steht sie seit 1970, seit sie aus einem Militärgebiet zwei Kilometer weit versetzt wurde. Und das in einem Stück.
Ich habe sie übrigens gesehen, die Villa Kunterbunt! Zwar nur durch einen Zaun mit beschränkter Sicht ... aber trotzdem. Die echte Villa Kunterbunt.
Für den nächsten Tag hatten wir nämlich wieder E-Bikes gemietet. Zunächst ging es in Richtung Norden bis zum kleinen Hafen Nyhamn, wo wir am Strand gepicknickt haben; abends sind wir dann noch mal in Richtung Süden gefahren. Auf diesem Weg habe ich die Villa Kunterbunt gesehen, bevor wir die Klippen von Högklint erreichten, von wo aus wir Weitsicht bis nach Visby hatten.
Am 6. Juni dann hatten wir einen Toyota Corolla zur Verfügung, den wir günstig bei "Mickes Biluthyrning" am Fährterminal gemietet hatten.
Vormittags konnten wir uns noch bei schönem Wetter die "Jungfrun", den höchsten Rauk Gotlands bei Lickershams sowie ein paar weitere Rauken in der Umgebung erlaufen und am Steinstrand nach Fossilien wühlen. Während unserer Picknickpause am kleinen Hafen von Hallshuk im Norden bezog es und dann dauerte es nicht lange, bis es zu regnen begann. Daher haben wir den Fähranleger in Fårösund hinüber zur Insel Fårö nur aus dem Auto betrachtet, ebenso wie die kleine, durch einen kurzen Damm mit dem Festland verbundenen Insel Furillen, auf der es ein Hotel in einem stillgelegten Kalksteinbruch gibt - was ziemlich spannend ist.
Der Ort Slite hingegen ist nicht zu empfehlen. Eigentlich wollten wir dort irgendwo einkehren, aber es gibt dort nichts Charmantes. Nur Zementindustrie. Und auch die Själsö-Bäckerei hatte auf dem Rückweg geschlossen.
Aber ist ja nicht so, dass wir nichts an Bord hätten.
Am nächsten Tag, einem Samstag, war das Wetter wieder schön. Allerdings viel zu windig, um aufzubrechen. Daher blieben wir noch einen weiteren Tag in Visby und ich hatte noch etwas mehr Zeit für die schöne Stadt. Durch den Hansetag war viel los in den Straßen und es gab mehrere Bühnen, auf denen Musik gemacht wurde. So schön.
Am Sonntag, den 8. Juni dann machten wir uns auf den langen Ritt von Visby hinüber zur Insel Rånö im Stockholmer Schärengarten.
Viele Stunden lang kein Land in Sicht. Kein anderes Schiff. Allein auf hoher See.
88,5 Seemeilen. Das sind 165 Kilometer.
13. - 26. Mai
Ystad - Kåseberga - Kivik - Hanö - Karlskrona
Vier Nächte blieben wir in Ystad an der schwedischen Südküste. Erliefen uns die Stadt und wandelten auf den Spuren von Kurt Wallander, der genau hier seine Fälle löst.
Zwar habe ich noch nie einen Wallander gelesen oder eine der zahlreichen Verfilmungen gesehen - doch während unseres Aufenthalts in Ystad habe auch ich Blut geleckt! Nachdem wir in "Fridolfs Café" (Wallanders Lieblingscafé) eine Kardamom-Zimtschnecke gegessen haben und ich sogar die Mariagatan 10 (Wallanders Wohnhaus) aufgesucht habe, wird mir nichts anderes mehr übrig bleiben: Jetzt muss ich auch mal eines der Bücher lesen.
Oder mir einen Film anschauen.
Am 17. Mai dann fuhren wir weiter nach Kåseberga. Der kleine Ort liegt nur elf Seemeilen von Ystad entfernt, daher waren wir bereits zwei Stunden später an unserem Ziel. Und das war auch gut so, denn es war saukalt.
Schon vom Wasser aus hatten wir oberhalb der Steilküste eine Reihe von großen Findlingen erspäht, säuberlich nebeneinander aufgereiht wie die Kauleiste von Jürgen Vogel.
Die Ales Stenar sind der Grund dafür, warum dieser kleine Ort am südöstlichen Zipfel von Schonen ein Touristenmagnet ist: Die aus 59 Steinen bestehende Schiffssetzung ist eine der größten noch erhaltenen im skandinavischen Raum, 67 Meter lang und 19 Meter breit.
Schiffssetzung heißt die Formation deshalb, weil die Steine in Form eines Schiffs angeordnet sind. Sie markieren ein Gräber- oder Urnenfeld. Man nimmt an, dass die Ales Stenar etwa im Jahr 600 entstanden sind.
Der Hafen von Kåseberga ist klein. Es gibt keine Heckpfähle oder -bojen, man liegt längsseits der Mole. Im Sommer wird das häufig zum Problem, weil der Hafen schnell überfüllt ist - nicht allerdings an diesem 17. Mai: Wir waren die einzigen Segler, die dort festmachten (zumindest bis viel später noch ein weiteres Boot dazu kam).
Dennoch gibt es direkt am Hafen, im Windschatten des Uferhangs, mehrere Restaurants und Läden in roten Schwedenhäuschen, darunter eine Fischräucherei, in der man Heringsstückchen (oder auch: Sill) in Lakritzsoße kaufen kann.
Nein, gar nicht eklig! Das ist voll lecker!
Man bekommt auch Eis, zum Beispiel Lakritzeis, zumindest an diesem Nachmittag unseres Ankunftstages. Denn es war ein Samstag, das Wetter war freundlich und die Ales Stenar sowie die überschaubare Infrastruktur am Hafen lockten Besucher an.
Abends ging die Sonne rot unter und wir liefen noch einmal hoch zur Schiffssetzung, um sie im Abendlicht zu fotografieren.
Das war auch gut, denn am nächsten Tag regnete es. Regen, Wind, Kälte. Zum Glück ist es an Bord der Livia gemütlich; wir haben Standheizung und einen Heizlüfter, und es gibt ja auch immer was am Computer zu tun. Zum Beispiel, nach dem Ravlunda-Schießgebiet zu googeln. Am folgenden Tag wollten wir nämlich nach Kivik in der Hanöbucht fahren und nur ein Aushang am Hafen von Kåseberga machte uns darauf aufmerksam, dass es dort ein großes Schießgebiet gibt, das sich 22 Kilometer in die Hanöbucht hinein erstreckt. Und in den kommenden beiden Tagen sollte dort geschossen werden.
Schießgebiet? Also echt, was soll denn sowas?
Ein Telefonat am Abend sowie eins am Morgen unserer Abfahrt führte zu keinen weiteren Informationen als denen, die wir ohnehin schon dem Aushang entnommen hatten. Daher mussten wir selbst eine Entscheidung treffen und fuhren einfach los. Nach der Einfahrt in die Hanöbucht blieben wir dicht unter der Küste und hielten uns an der Außengrenze des Schießgebiets.
Ohne Löcher im Segel kamen wir in Kivik an. Wie die meisten schwedischen Häfen bisher war auch dieser entzückend; es gab rote Häuser, einen Strand und viel Natur innerhalb des Hafenbeckens und für hinten eine Heckboje. Und: Sonne und wenig Wind! Bis 20° hatten wir an diesem Nachmittag und, ganz ehrlich: Das kann man wirklich gut mal haben!
Doch auch für den nächsten Tag war gutes Wetter angesagt und das mussten wir nutzen. Also verließen wir Kivik wieder. Und heute führte kein Weg dran vorbei: Wir mussten das Ravlunda-Schießgebiet queren. Da ab neun Uhr geschossen werden sollte, standen wir schon vor fünf auf und waren um halb sechs unterwegs.
Sonne, Kälte.
Eine halbe Stunde lang hatten wir guten Segelwind, dann schlief er mit einem Mal ein, als hätte jemand den Stecker gezogen. Thomas setzte den Gennaker, ein besonders leichtes und bauchiges Segel, doch vergeblich: Wir bewegten uns kaum noch vorwärts. Aber egal. Wozu hat man einen Motor.
Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass es sehr kalt war?
Hanö. Die namensgebende Insel in der Hänöbucht, gut zwei Kilometer lang, 1,3 Kilometer breit - und wir hätten den ganzen Sommer dort verbringen können. Eine Hafenmeisterin namens Lotta, ein kleines Dorf aus bunten Häuschen, ein einziges Restaurant am Hafen, das im Mai noch geschlossen ist, keine Gelegenheit einzukaufen. Dafür lichter Wald, steppenähnliche Grasflächen und Steine, Steine, Steine. Von Gletschern abgeschliffene Felslandschaften, Findlinge, so groß wie Lastwagen, Geröllfelder ... außerdem überall die Hinterlassenschaften der Damhirsche, die hier leben. Und Sonne! Inzwischen war es sogar ein bisschen warm geworden.
Am höchsten Punkt der Insel steht ein weißer Leuchtturm; aus der Höhe von 60 Metern hat man einen tollen Weitblick.
Wir blieben vom 20. bis zum 24. Mai auf Hanö. Nach dem ersten Tag schwächelte das Wetter deutlich, wir hatten viel Wind und Regen - aber immer wieder auch trockene Abschnitte, in denen die Sonne sich zeigte und unter finsteren Wolken für dramatisches Foto-Licht sorgte.
Für den 24. Mai war dann wieder besseres Wetter angekündigt, sowie Wind aus der richtigen Richtung. Unterhalb der Nordküste der Hanöbucht fuhren wir gen Osten, in Richtung Karlskrona. Der Wind kam aus Süd, war weder zu stark noch zu schwach und brachte uns flott voran - nur auf die Welle, die sich über die Ostsee aufgebaut hatte, hätten wir gern verzichtet.
Das nördliche Ufer der großen Hanöbucht ist gekennzeichnet durch die südlichste Schärenlandschaft der schwedischen Ostküste. Richtig spannend wurde es für uns, als wir schließlich zwischen Inseln hindurch auf Karlskrona zusteuerten. Auf dem Plotter, auf dem wir im Cockpit unseren Kurs verfolgen, konnte ich zunächst vor lauter Inseln und Schären gar nicht erkennen, wohin wir eigentlich unterwegs waren. Wie sollten wir nur jemals unseren Weg zwischen diesen ganzen Steinen und Felsen hindurch finden?
Aber natürlich ist das Fahrwasser bestens betonnt. Auf jedem Felsen rechts und links der Fahrrinne stehen Festungsanlagen und Wehrtürme, denn Karlskrona war nach der Errichtung im 17. Jahrhundert Hauptstützpunkt der schwedischen Flotte und ist bis heute Zeuge der einstigen militärischen Großmacht des Landes. Noch immer ist Karlskrona Marinestützpunkt.
Der Yachthafen ist groß und nicht sehr charmant, aber dafür zentral gelegen, und er bietet einen schönen Blick auf vorgelagerte Inseln und Schären.
Thomas und ich erliefen uns noch am Ankunftstag die 37.000-Einwohner-Stadt mit ihrer architektonischen Mischung aus barockem Ideal und militärischen Anlagen der letzten Jahrhunderte, aus modernen Wohnblöcken und traditionellen schwedischen Holzhäuschen. Da Karlskrona ursprünglich auf mehr als 30 Inseln und Inselchen erbaut wurde, ist es nie weit bis zum Wasser.
Der 25. Mai dann war ein Sonntag. Wir wuschen Wäsche und gingen ins Marinemuseum. Für den Nachmittag war nämlich Regen angekündigt, was aber egal ist, wenn man im Museum ist. Davon abgesehen ist das Marinemuseum sehr interessant.
Am Montag verließen wir Karlskrona wieder.
Schon bald hatten wir die Hanöbucht hinter uns gelassen.
8. - 13. Mai
Fahrensodde (Flensburg) - Kappeln - Bagenkop (Langeland) - Kragenæs (Lolland) - Klintholm (Møn) - Ystad (Schweden)
Im Mai wollten wir los, mein Mann Thomas und ich. Nicht unbedingt gleich Anfang Mai, sondern erst dann, wenn das Wetter es erlaubte. Schließlich sind wir Extremsegler: Wir segeln nur bei extrem gutem Wetter!
Doch Anfang Mai war das Wetter bereits ziemlich gut. Die Sonne schien viel, die Temperaturen waren stabil zweistellig - zumindest tagsüber. Auch der Wind war stabil: Er wehte konsequent aus Ost. Nicht unbedingt ein Vorteil, wenn man mit dem Segelboot nach Schweden möchte - aber wollten wir wirklich noch länger warten? Viel besser konnte das Wetter zu dieser Jahreszeit nicht werden.
Als wir dann am Donnerstag, den 8. Mai unseren Heimathafen in Fahrensodde verließen, begleitet von Nebelhorn und "The Leaving of Liverpool", virtuos arrangiert von unserem Nachbarn und Freund Erich, war ohnehin Flaute - daher spielte die Windrichtung an diesem Tag keine Rolle. "Schweinswalwetter", stellte ich umgehend sachkundig fest und, richtig, schon auf der Höhe von Meierwik hatten wir die erste Begegnung. Und kurz darauf die zweite.
Es sollten an diesem Tag insgesamt sechs werden; zumeist waren die Tiere paarweise unterwegs.
Ohne Wind tuckerten wir unter Motor bis Kappeln in der Schlei.
In Kappeln suchten wir am nächsten Morgen noch einen Yachtausstatter auf, dann tuckerten wir die Schlei wieder hinauf und weiter Richtung Osten. Sonne, Flaute.
Etwa auf der Hälfte der Strecke nach Bagenkop auf der Insel Langeland kam dann doch Wind auf und nicht nur das: Der Wind drehte, plötzlich hatten wir Wind und Welle von achtern und zwar mehr, als wir uns eigentlich von Neptun erbeten hatten. Aber das Seglerleben ist kein Wunschkonzert: Zumindest kamen wir flott an unser Ziel, wo wir eine große Auswahl an Liegeplätzen hatten, denn noch ist Nebensaison.
Mit sicherem Griff wählten wir die Mole mit Seitenwind.
Anschließend erliefen wir uns den kleinen Ort, erklommen eine Düne mit Weitblick, während sich die Kirche, die wir aus der Ferne von überall sehen konnten, aus der Nähe stets entzog und einfach nicht mehr da war. Als wir sie dann schließlich gefunden hatten, lag sie ohne jeglichen Zugang hinter irgendwelchen Hecken. Dann eben nicht. Wir hatten sowieso Hunger und sind lecker im "Spisestedet" am Hafen essen gegangen.
Am nächsten Tag wollten wir eigentlich auf die schöne kleine Insel Vejrø, die allerdings zwei Nachteile hat: Man liegt dort sehr teuer und bei Südostwind zudem sehr unruhig im Hafen. Zwar begann der Tag wieder mit Flaute, aber auch heute sollte der Wind später deutlich zunehmen und von Südost kommen.
Dann eben Kragenæs auf Lolland. Was wir über Kragenæs nicht wussten, was uns aber gleich bei der Einfahrt in den Hafen ein gewisses Osterinsel-Feeling gab: Nur wenige hundert Meter entfernt, in unmittelbarer Nähe mehrerer bronzezeitlicher Grabhügel, befindet sich auf einer Anhöhe die "Art in Progress"-Installation Dodekalitten des dänischen Bildhauers Thomas Kadziola.
Wir hatten das große Glück, dass der Progress schon weit fortgeschritten ist, denn begonnen wurde mit dem Projekt im Jahr 2010. Im Mai 2025 stehen bereits zehn der zwölf geplanten Steinfiguren an ihren Plätzen und bilden einen Kreis mit einem Durchmesser von 40 Metern. Zehn Granitsäulen, 7 bis 9 Meter hoch und jeweils bis zu 45 Tonnen schwer. Ruhig schauen sie aus großer Höhe aneinander vorbei, bestenfalls noch über die Meerenge hinüber nach Fejø.
Besonders beeindruckend: Wenn man zwischen ihnen steht, hört man sphärische Klänge, nämlich die Musikinstallation Solkreds des Komponisten Wayne Siegel. Diese "kreiert sukzessive sich verändernde Klangkulissen für die Skulpturen". Oder auf Deutsch: computergenerierte Musik, die sich abhängig von den Gegebenheiten wie etwa Jahreszeit, Licht und Wetter ständig verändert.
Im nächsten Jahr soll die Installation vollendet sein.
Boah. Was für eine Entdeckung!
Am Sonntag, den 11. Mai ging es dann zunächst südlich an den Inseln Fejø und Femø vorbei, dann noch Norden ins Smålandsfahrwasser, unter der neuen und der alten Storstrømsbrücke sowie der Farøbrücke hindurch in Richtung Stubbekøbing, wo wir eventuell hätten bleiben sollen, denn anschließend wurde es anstrengend.
Ein wilder Ritt durch den Grønsund, die schmale Fahrrinne zwischen Falster und Møn, und auch anschließend in der Hjelmbucht an der Südseite Møns wurde es nicht entspannter. Im Gegenteil. Der Wind kam aus Ost, wir fuhren mit Großsegel und Motor am Wind in Richtung Nordosten, und über die freie See hatte sich erheblicher Seegang aufgebaut.
Ich neige nicht zu Seekrankheit, aber auf diesem Stück habe selbst ich den Horizont im Auge behalten, damit mir nicht schlecht wird.
Kaum hatten wir die Hafenmole von Klintholm passiert, war es dann ruhig. Zum Glück!
Am Montag blieben wir in Klintholm; Wir wollten mit dem Bus zu den berühmten Kreidefelsen von Møns Klint fahren. Leider fuhr kein Bus - Vorsaison. Und nein, ich habe die beiden dänisch sprechenden Busfahrer auch nicht falsch verstanden. Wir haben ein ganzes Gespräch auf Dänisch geführt. So.
Am Hafen gab es zwar einen Fahrradverleih, aber niemanden, der sie verlieh. Das Hafenbüro war eine Baustelle. Nirgendwo gab es eine Telefonnummer und bezahlen konnte man nur mit MobilePay. Fast alle Dänen benutzen MobilePay - doch leider braucht man dazu einen Wohnsitz und ein Konto in Dänemark.
Und wenn wir schon mal dabei sind: Anstelle der charmanten Fischboutique der Schwestern Hans und Hardy findet sich jetzt direkt am Hafen ein Zweckbau des Energieversorgers Vattenfall. Auch nicht schön.
Egal. Klintholm hat auch einen langen, weißen Strand mit Sand und Steinen und kleinen Steilküsten und Seeigeln!
Am nächsten Tag haben wir Møns Klint dann vom Wasser aus gesehen und die Felsen leuchteten weiß im Licht der frühen Morgensonne.
Nehmt das, Busfahrer!
Am Vortag hatten wir noch lange und immer wieder unsere Wetter-Apps konsultiert: Welcher Tag wäre besser für den Ritt hinüber nach Schweden, Dienstag oder Mittwoch? Letztlich überzeugte uns der Dienstag. Der Wind hatte auf West gedreht, später würde er zunehmen, daher brachen wir rechtzeitig um 6.20 Uhr auf. Sonnenschein und Kälte. Kälte, Kälte, Kälte! Wir fuhren westlich am riesigen Offshore-Windpark auf dem Flach Kriegers Flak entlang Richtung Trelleborg. Erst mittags gewann die Sonne ihr unermüdliches Ringen mit der Kälte und wir konnten uns nach und nach mehrerer Kleiderschichten entledigen.
Etwa eine Stunde, bevor wir Ystad an der Südküste Schwedens erreichten, nahm der Wind zu. Plötzlich hatten wir Wind von bis zu 12 Metern pro Sekunde.
Als wir auf den Hafen zuhielten, waren es bis zu 15 Meter. Immer wieder dasselbe. Neptun ist ein Arschloch.
Nach elf Stunden auf See, nach mehr als 63 Seemeilen (das sind knapp 120 Kilometer) erreichten wir am späten Nachmittag Ystad.
Wir sind in Schweden!