Schweden 2025

Gotland, StockHOLM, Götakanal

 

 

 

 

 

Zurück durch Dänemark

 

 

 

31. Juli - 7. August

 

Østerby (Læsø) - Anholt - Odden Havn - Nyborg - Svendborg - Fahrensodde (Flensburg)

 

Als wir Vrångö verließen, wussten wir noch nicht genau, wohin der Wind uns treiben würde. Eigentlich hatten wir die Insel Læsø aufgrund des Windes bereits ausgeschlossen ... dann entschieden wir uns doch für sie. Und zwar aufgrund des Windes. 

Er kam mit 5-7 Metern/Sekunde aus Südost, es lief gut, wenn wir auch ordentlich Welle hatten. Kein Strickwetter. Menno. Aber vielleicht mussten wir uns auch einfach nur wieder an die Ostsee gewöhnen.

 

Die Sonne schien, der Hafen von Østerby war pickepackevoll. Wir legten uns ins Päckchen.

Østerby ist ein aktiver Fischereihafen. Der angrenzende Ort ist kaum nennenswert, aber es gibt Restaurants und gute Serviceeinrichtungen; direkt neben dem Hafen befindet sich ein langer, weißer Sandstrand. Es gibt auch einen Gratis-Inselbus, doch den haben wir nicht genutzt.

Den langen, weißen Sandstrand bin ich abends noch ein Stück entlang spaziert. Eigentlich wollte ich ja noch mal ins Wasser ... aber dann habe ich doch nur die Füße reingesteckt. Jo, Badetemperatur.

 

Schon zeitig am nächsten Morgen brachen wir erneut auf, da wir davon ausgingen, dass es auf Anholt genauso voll werden würde.

Zunächst hatten wir Flaute, dann kam ein wenig Wind auf, 3-4 Meter, so dass wir die Segel mit dem Motor unterstützten. Das Wetter war gut, aber nicht mehr so warm, nur knapp über zwanzig Grad.

Auch der Hafen von Anholt war ziemlich voll. Der Hafenmeister im Schlauchboot wies uns ein, auch wenn er zunächst andere Vorstellungen von der Breite unseres Bootes hatte als wir und der Meinung war, wir könnten uns in eine sehr schmale Lücke zwischen zwei Booten pressen.

 

Die Insel Anholt liegt mitten im Kattegat und ist die am weitesten von der nächsten Küste entfernte Insel Dänemarks. Sie ist geprägt durch eine steppenähnliche Moränenlandschaft: Sand, Dünen und Heidekraut. Niedrige Büsche. "Ørkenen", zu deutsch die Wüste, erstreckt sich über den Großteil der Insel.

Wir erklommen den 39 Meter hohen Nordbjerg und hatten eine gute Aussicht über die Wüste, bis zur Nordostspitze mit dem Leuchtturm.

Anschließend liefen wir weiter bis zum Ort. Die Insel war größer war als vermutet. Und es war wieder warm geworden.

Hinter dem Ort nahmen wir den Weg hinüber zur Westküste, wo wir den langen Strand entlang liefen, bis wir wieder am Hafen ankamen.

 

Für den nächsten Tag war kein besonders gutes Wetter angekündigt, aber in den darauffolgenden Tagen sollte es noch schlechter werden. Daher wollten wir wieder früh aufbrechen, mussten aber zunächst ein Gewitter abwarten. Dann nutzten wir die Lücke und ... raus auf den Kattegat!

Wir versuchten, dem schlechten Wetter davonzusegeln, denn für Odden Havn auf Seeland, unserem nächsten Ziel, war deutlich besseres Wetter vorhergesagt als für Anholt. Zum Glück kamen wir gut voran, bei 5-6 Metern Wind liefen wir 7 Knoten. 

Hinter uns brodelten schwarze Wolken, vor uns sah es freundlicher aus. 

Hinter uns begann es wieder zu gewittern. Das war auch so angekündigt gewesen - jedenfalls für Anholt. Und das Gewitter blieb auch hinter uns. Wir zählten die Sekunden zwischen Blitz und Donner und stellten wieder und wieder fest, dass das Gewitter etwa fünfzehn Kilometer entfernt sein musste.

Ab und zu regnete es.

Dann ließ der Wind nach und wir machten den Motor an. Es regnete und ich stieg hinunter ins Boot, wo ich strickte.

Es hörte wieder auf zu regnen und nach und nach wurde das Wetter immer besser. In Odden war es nahezu freundlich, aufgelockert bewölkt und warm.

 

Nachdem wir es in drei Tagen von Vrångö an der schwedischen Küste bis zu der langen Odde im Norden Seelands geschafft hatten, gönnten wir uns am 3. August einen Tag Pause. Abgesehen davon war Wind und Wetter angesagt. Daher schrieb ich einen neuen Blogeintrag (nämlich den vom Trollhätte-Kanal) und ging spazieren, nachdem wir es bis zum Supermarkt geschafft hatten.

 

Doch dann: weiter, weiter! Nach allem, was wir in Schweden gesehen und erlebt hatten, zog es uns nach Hause. Dänemark hatte uns nichts Neues mehr zu bieten - und für die folgenden Tage war wieder viel Wind angesagt. Daher brachen wir einmal wieder um 7 Uhr morgens auf; unser Ziel für den heutigen Tag war Kerteminde auf Fünen.

Es war nicht gemütlich. Zunächst regnete es, dann blieb es zumindest trocken. Aber wir hatten mit viel Welle zu tun und schoben ordentlich Lage, da wir hoch am Wind segeln mussten.

Es war weit. Erst die Küste Fünens schützte uns etwas vor dem Westwind und wir wurden schon wieder übermütig: Wir entschieden uns, doch nicht nach Kerteminde zu fahren, sondern bis nach Nyborg, südlich davon. Das hatte unter anderem auch den Vorteil, dass wir an dem Tag bereits die Große-Belt-Brücke hinter uns brachten. Ich hasse sie. Sie ist nur 18 Meter hoch und jedes Mal sieht es so aus, als würden wir mit dem Mast oben hängenbleiben.

Aber ich gucke bei 18 Meter hohen Brücken ja einfach nicht mehr hoch. So. 

 

75 Seemeilen in elf Stunden - das war mehr als genug. Ich verließ in Nyborg nicht einmal das Boot, habe den Steg nicht betreten.

Am 5. August ließen wir uns um 4 Uhr wecken. Wir wollten nur nach Svendborg, aber ab Mittag sollte der Wind ordentlich zulegen und außerdem wollten wir gern einen guten Liegeplatz haben. Oder überhaupt einen Liegeplatz.

Der Morgen dämmerte, als wir den Hafen von Nyborg verließen. Als wir draußen im Großen Belt waren, ging die Sonne rot im Osten auf. Auch mal schön.

Bei unserer Ankunft in Svendborg war es schon deutlich windiger. Schon in der Hafeneinfahrt lagen zahlreiche Boote rechts an der Kaimauer. Kein gutes Zeichen.

Tatsächlich drehten wir drei Runden im Hafen, aber es war kein Liegeplatz frei. Die Boote lagen schon zu dritt im Päckchen. Also beschlossen wir, doch bis nach Fåborg weiterzufahren.

Als wir jedoch an den großen Docks vorbei waren, sahen wir rechts hinter einem großen Segelboot ein paar Meter Kaimauer, die wie für uns gemacht waren. Wir legten an der Außenseite des Museumshafens an, wo wir zwar stündlich von den großen Fähren nach Ærø durchgeschüttelt wurden, aber ansonsten nicht schöner hätten liegen können (abgesehen davon, dass es zu den Waschräumen sehr weit war).

Dann gingen wir zu Lolo, frühstücken.

 

Auch den nächsten Tag blieben wir in Svendborg. Dort bekamen wir, da wir uns ja schon fast wieder in heimischen Gefilden befanden, eine Geburtstagseinladung für den nächsten Tag. Unsere liebe Nachbarin Karin hatte Geburtstag und ihr lieber Mann Erich wollte sie überraschen. Mit uns. 

Wir beschlossen, die Herausforderung anzunehmen und am nächsten Tag von Svendborg nach Hause zu segeln. Schließlich hatten wir das schon einmal geschafft und zwar unter deutlich mieseren Bedingungen: im April 2019, als wir die Livia von Höganäs in Schweden nach Flensburg überführt hatten. Alter, diese Kälte!

 

Aber jetzt war Hochsommer. Was sollte schon schief gehen?

Spoiler: nichts. Abgesehen davon, dass wir, wie so häufig, mal wieder den Wind von vorn hatten. Auch als wir den Kurs dann änderten und in die Flensburger Außenförde fuhren. Oder in die Innenförde.

Hier machten wir den Motor an, da wir es sonst nicht rechtzeitig zu Karins Geburtstag geschafft hätten. Wir schafften es allerdings auch so nicht und kamen eine halbe Stunde zu spät.

 

Das erste Mal nach drei Monaten tuckerten wir die Innenförde hinunter, steuerten den Hafen von Fahrensodde und unseren Liegeplatz an. Nach weiteren sechzig Seemeilen in zehn Stunden machten wir die Livia fest. Zu Hause!

 

 

Vom 8. Mai bis zum 7. August 2025 haben wir 1.337 Seemeilen zurückgelegt. Das sind 2.476 Kilometer. 

 

Der Wind kam meistens von vorn und wir haben zahlreiche erste Male erlebt: Gotland, Stockholm und seinen Schärengarten. Den Götakanal. Den Trollhätte-Kanal. Rauken, Erbsenfelder und das Ravlunda-Schießgebiet.

Wir haben bergauf und bergab geschleust, virtuos Felsen umschifft und festgestellt, dass der Schwede an sich auf dem Bürgersteig grundsätzlich links läuft.

Wir haben verfolgt, wie sich das Wasser um uns herum ganz, ganz langsam erwärmte, bis es irgendwann so warm war, dass man baden konnte, ohne Angst haben zu müssen, dabei einem vorzeitigen Herztod zu erliegen. So warm, dass wir Obst und Gemüse in Sicherheit bringen mussten und uns kaum noch daran erinnern konnten, wie eiskalt der Griff in die Schränke in den ersten Wochen gewesen war.

Nach 58 gemeinsamen Schleusen sind wir auf Du und Du mit Juno, Diana und Wilhelm Tham. Uns ist inzwischen klar, dass Minigolf ein schwedischer Nationalsport sein muss.

Und wir haben unseren Heizlüfter sehr, sehr zu schätzen gelernt. Er ist sein Gewicht in Gold wert.

 

Ganz schön viel. Das muss erst mal sacken.

Mal schauen, wohin es das nächste Mal geht!

 

 

 

 

 


 

 

Trollhätte-Kanal: Vänern bis Kattegat

 

 

 

 20. - 30. Juli

 

Mariestad (Vänern) - Schloss Läckö (Vänern) - Vänersborg - Åkers sjö - Bohus/Kungälv - Göteborg - Vrångö

 

Eine Doppelschleuse und eine Einzelschleuse im Hafenbereich von Sjötorp - die letzten Schleusen des Götakanals. Dann waren wir auf dem Vänern, dem größten See Schwedens.

Wir hatten Flaute, es war heiß. Der Vänern hatte Badetemperatur  und wir brauchten nur den Motor auszuschalten, um uns während der Fahrt im See abzukühlen und eine Runde ums Boot zu schwimmen.

Die Brücke zwischen dem Festland und der Insel Torsö war hoch genug für uns - obwohl ich mir abgewöhnt habe, bei einer Durchfahrtshöhe von 18 Metern hochzuschauen. Es sieht nämlich jedes Mal vorher so aus, als würden wir mit unseren 16,5 Metern oben hängenbleiben.

 

Mariestad ist ein hübscher Ort, hat uns allerdings nicht vom Hocker gehauen. Zu viel Schönes hatten wir in den letzten Wochen gesehen; dem Vergleich konnte Mariestad nicht standhalten. Aber zumindest sind wir bei größter Hitze einkaufen gegangen, um anschließend unsere viel zu vollen Taschen durch die halbe Stadt zum Boot zurück zu schleppen.

 

Am nächsten Tag dann knackte unsere tapfere "Livia" die 10.000-Seemeilen-Marke und wir erreichten ein weiteres Kleinod unserer Reise: das Schloss Läckö.

Läckö liegt auf der Insel Kållandsö auf einer Landzunge, die zum Eken-Archipel gehört. Die Hafeneinfahrt ist eng betonnt, da von Schären umgeben: Man fährt dicht an Felsen vorbei, bevor man direkt unterhalb des Schlosses in einer idyllisch gelegenen Bucht an einem Steg festmacht.

 

Mit dem Bau des Schlosses (damals noch Festung und Verteidigungsanlage) wurde bereits im 13. Jahrhundert begonnen. Nach einer lebhaften Geschichte und zahlreichen Um- und Neubauten ist das weiße Schloss heute ein Touristenmagnet und ein Besuch lohnt sich unbedingt.

 

Genau wie der Besuch des kleinen Hafens. Wir genossen den schönen Ausblick aus dem Cockpit heraus und das saubere Wasser, das uns mehrmals am Tag zum Bad direkt vom Boot aus einlud. Wir liefen die felsige Küste an der gegenüberliegenden Seite entlang und natürlich besichtigten wir auch das Schloss. 

Am 22. Juli, es war ein weiterer sehr warmer Tag, schauten wir uns den gepflegten Garten an sowie die vielen, vielen Räume mit ihren opulenten Deckenmalereien und unterschiedlichen Ausstellungen.

 

Eigentlich wollten wir am nächsten Tag weiter, aber es war Wind und schlechtes Wetter angesagt, daher blieben wir. Es war ohnehin ein Mittwoch, ich hatte morgens meinen Isländischkurs und dann blieb ich einfach am PC sitzen. E-Mails, Überweisungen, neuer Blogbeitrag. Letztlich war das Wetter gar nicht so schlecht, nur am Nachmittag zogen sehr schwarze Wolken auf und drohten mit Gewitter. Es blieb jedoch bei einem Regenguss.

 

Am nächsten Tag war das Wetter dann wieder fein. Um nicht zu sagen: heiß. Durch das Schären-Archipel fuhren wir in den westlichen Teil des Vänern, wo wir gar nicht mehr das Gefühl hatten, uns auf einem See zu befinden: Nach Norden hin war kein Land in Sicht.

Bei Vänersborg ging es an diesem Tag hinter zwei Klappbrücken in den etwa 82 Kilometer langen Trollhätte-Kanal, der uns bis Göteborg führen und dabei in erster Linie dem Verlauf des Flusses Göta älv folgen würde. Nur zehn Kilometer des Kanals wurden gegraben oder aus dem Fels gesprengt.

 

Der Trollhätte-Kanal unterscheidet sich deutlich vom Götakanal. Es gibt lediglich sechs Schleusen, aber diese überwinden einen Höhenunterschied von 44 Metern. Soll heißen: Sie sind riesig. Pro Becken beträgt der Hub 6 bis 8 Meter. Der ganze Kanal ist auf die Berufsschifffahrt ausgerichtet, Frachtschiffe bis zu 88 Metern Länge und mehr als 13 Meter Breite pendeln zwischen dem Vänern und Göteborg.

Während im Götakanal maximal vier Boote in ein Schleusenbecken passten, habe ich im Trollhätte-Kanal bis zu zwölf gezählt.

Es gibt auch nicht so viele Brücken.

 

Gleich hinter Vänersborg meisterten wir die erste Schleuse. Abwärts schleusen ist ja ohnehin einfacher als aufwärts und wir waren darüber informiert, dass wir uns links halten sollten, wo es glatte Wände gibt mit Leitern, in die man sich einhaken und Ringe, durch die man Leinen auf Slip legen kann.

Kein Problem. Haben wir so gemacht, hat geklappt!

 

Am 25. Juli kamen wir bis Åkers sjö, einem kleinen Hafen nahe dem Ort Trollhättan, direkt oberhalb einer Einzel- und einer Dreifachschleuse.

Dieser Ort ist ein beliebtes Ausflugsziel, da man hier die alten Schleusentreppen von 1800 und 1844 besichtigen und erlaufen kann. Und natürlich kann man Booten beim Schleusen in der "neuen" Schleuse von 1916 zuschauen, also der Schleuse, die wir am nächsten Tag ebenfalls passieren würden. Die Natur um dieses "alte Tal"  herum ist sehr schön, saftig grün und abschüssig (daher auch die Häufung der Schleusen an dieser Stelle). Es gibt ein Café und einen Eisstand sowie ein Museum in fußläufiger Entfernung. 

Und es war noch immer sommerlich warm, daher war viel los in Åkers sjö.

 

Gegen 7 Uhr am nächsten Morgen fuhr das Frachtschiff "Skagern" dicht an uns vorbei in die Schleuse - sehr beeindruckend.

Zwei Stunden später standen wir dann bereit. Mit insgesamt zehn Booten wurden wir bergab geschleust, zunächst durch die Einzel-, dann durch die Dreifachschleuse. Ein Stück weiter bei Lilla Edet war dann die sechste Schleuse dran (mit insgesamt 12 Booten, wie erwähnt) - und damit waren wir durch. Zum Glück! Denn auch wenn das Abwärtsschleusen vergleichsweise einfach ist, ist es doch sehr zeitaufwendig - und auch etwas unangenehm, wenn die riesigen, glitschigen Wände neben einem immer höher werden.

Andererseits entstehen bei so vielen Booten in einem Becken natürlich auch nette Gespräche während des Schleusens, da man immer wieder in der gleichen Formation an der Schleusenwand liegt, dicht an dicht, teilweise sogar im Päckchen.

 

Anschließend tuckerten wir weiter bis zur Bohus-Festung oberhalb des Ortes Kungälv. Auf dem letzten Stück verliefen die Bahnlinie sowie die "E45"  parallel zum Fluss Göta älv und so schön es auch war, unterhalb der Festung an dem kleinen Steg mitten in der Natur zu liegen ... nur Schilfgras, Schafe und schöne Aussicht ... so irritierend war doch der Verkehrslärm von gegenüber.

Egal. Wir machten uns auf, die Burg zu besichtigen, die aber nur bis 18 Uhr geöffnet war. Und, oh, es war schon viertel vor sechs. Also aßen wir stattdessen Eis und schauten uns Kungälv an. Der Ort war überraschend schön, die Straßen von Holzhäusern in zahlreichen Farben und Gärten in Hanglage gesäumt und nachdem wir über zahlreiche Treppenstufen den Hügel am Ortsrand bestiegen hatten, konnten wir auch noch eine großartige Aussicht über Kungälv und die Bohus-Festung genießen. Und über die E45 und die Bahnlinie.

 

Die Burg bzw. die Ruine besichtigten wir dann am nächsten Vormittag. Spannend!

Anschließend ging es weiter den Kanal hinunter. Heute würden wir Göteborg erreichen.

Es war bedeckt und nicht mehr so warm und vor allem war es windig. Und der Wind kam mal wieder direkt von vorn. 

Auch die Landschaft war nicht mehr sehr charmant. Je näher wir Göteborg kamen, desto mehr Industrie lag rechts und links von uns am Ufer. Wir mussten mit zwei anderen Booten zusammen vor einer doppelten Eisenbahnbrücke warten, kreisten dicht davor umeinander, denn wir hatten mit eigenen Augen gesehen, dass die Brücken nur kurz öffneten und nicht unbedingt alle Boote durchließen, die genau darauf warteten.

Ich stieß mir entsetzlich den linken Musikknochen (ja, so entsetzlich, dass ich es hier für erwähnenswert halte! Alter, tat das weh!), dann erreichten wir Göteborg und mussten noch eine weitere Hebebrücke passieren, bevor wir links hinter dem "Lippenstift" (einem Hochhaus in den Farben Rot-Weiß) und dem Viermaster "Viking" (heute Hotel und Restaurant) in den Hafen von Lilla Bommen fuhren, wo wir einen Liegeplatz vor der Oper reserviert hatten.

Anschließend liefen wir noch etwas durch Göteborg, wobei Thomas irgendwann passen musste, da es ihm nicht so gut ging. Aus demselben Grund lief ich auch am nächsten Tag allein durch Göteborg, schaute mir den Stadtteil Haga an und stieg auf den Hügel, auf dem sich der Turm "Skansen Kronan" befindet, ein Teil der alten Befestigungsanlage. Von dort oben hatte ich eine tolle Aussicht über die zweitgrößte Stadt Schwedens.

Die Temperaturen hatten sich auf angenehme 22°-23°C eingependelt, Thomas hatte sich ein wenig erholt.

 

Unsere spannende Reise quer durch Schweden war vorbei. Keine Schleusen mehr, keine Brückenöffnungen, auf die wir warten mussten. Aber noch immer gab es so viel Schönes zu sehen!

Als wir Göteborg am 29. Juli verließen, hatten wir noch immer den Wind von vorn. Schnelle Fähren kreuzten unseren Weg von einer Seite des Göta älv zur anderen, wir fuhren vorbei an Kreuzfahrtschiffen und unter der Älvsborgsbron durch. Industrie zu unserer Rechten, zunehmend wieder Schärenlandschaft zu unserer Linken ... Wir entschieden uns für die Schären und fuhren durch Göteborgs Schärengarten bis zur Felseninsel Vrångö im Süden. 

Wieder eine richtige Entscheidung, denn Vrångö war entzückend. Weiße Holzhäuser, die in der Sonne leuchteten, auf dem höchsten Felsen einen Lotsen-Utkiek, der den Ort überragte, kein Straßen- oder Bahnverkehr. Noch nicht mal Autos (abgesehen von einem Müllwagen), nur Lastenmopeds und Golfcaddys. Einzelne Fahrräder.

Hier blieben wir einen Tag und obwohl der 30. Juli wolkenverhangen war und sogar ein paar wenige Regentropfen brachte: Die Natur auf dieser ruhigen Insel war einmalig und der Fisch im "Hamnkrogen" war es auch.

 

Vrångö war unsere letzte Station in Schweden und eine gute Wahl, um dieses wunderschöne Land in bester Erinnerung zu behalten.

 

 

 

 

 


 

 

Götakanal: Vättern bis Vänern

 

 

 

8. - 19. Juli

 

Vadstena (Vättern) - Hjo (Vättern) - Hästholmen (Vättern) - Karlsborg - Viken - Töreboda - Sjötorp

 

Bis zum Mittag des 8. Juli regnete es, dann wurde das Wetter freundlicher. So war es auch angekündigt. Daher fuhren wir erst nach dem Regen die paar Seemeilen von Motala über den zweitgrößten See Schwedens nach Vadstena. Wir konnten sogar ein bisschen segeln.

 

Schon von Weitem sieht man die Klosterkirche aufragen sowie das Schloss Vadstena, das eindeutig eine Burg ist. Und nicht nur das: Es ist möglich, mit dem Boot direkt davor im Burggraben zu liegen.

Wir hatten bereits im Vorfeld einen Liegeplatz reserviert, da für die kommenden Tage ein großes Holzbootetreffen angekündigt war. Die Plätze im Burggraben kann man allerdings nicht reservieren, doch wir lagen ganz in der Nähe, in Sichtweite der im 16. Jahrhundert von Gustav I. Wasa erbauten Festung.

 

Der 9. Juli begann mit meinem Isländischkurs. Davon abgesehen hatten wir blendendes Wetter.

Und natürlich war mein Geburtstag!

 

Thomas hatte für später einen Tisch im "Restaurang Bakgatan" reserviert. Und Prinzessintorte besorgt! Aber zunächst einmal schauten wir uns bei Wärme und Sonnenschein die schöne Stadt an und frühstückten in der "Gamla Konditoriet".

Das mit dem Holzbootetreffen war allerdings eher enttäuschend. Die wenigen Boote waren fast an einer Hand abzuzählen. Sogar die "Princess Svanevit", die am Vortag noch im Burggraben gelegen hatte, machte sich schon frühzeitig vom Acker. Dafür hatten die im Kanal extra den Mast gelegt, Mann, Mann.

Dafür stand um das Schloss herum ein ganzer Fuhrpark an alten und ausgefallenen und blinkenden und blitzenden Autos aufgereiht. Es gab Eis und Würstchen und trotz der wenigen Holzboote war überall Volksfestatmosphäre zu spüren.

 

Unser Essen im "Restaurang Bakgatan" war ein Gedicht. Ich hatte "Eldad Torskrygg" - gebratenes Kabeljaufilet in Miesmuschelsoße, mit Kartoffelpüree, eingelegen Dill-Artischocken, knusprigem Mais und Jalapeno-Emulsion. 

Ich muss schon wieder sabbern, wenn ich das nur aufschreibe. ;)

 

Wir hatten Sonne von früh bis spät und das war erst der Anfang eines sehr sommerlichen Abschnitts unserer Reise.

Am folgenden Tag fuhren wir unter Motor quer über den Vättern nach Hjo. Wir waren länger unterwegs als im Vorfeld vermutet, da der Vättern wirklich sehr groß ist.

 

Auch Hjo ist wieder eine sehr schöne Stadt, geprägt durch mehrere gut erhaltene Holzvillen, die ursprünglich für eine Wasserkuranstalt gebaut wurden. Der dazu gehörende Kurpark ist heute Stadtpark.

Am kleinen Strand neben dem Hafen stehen hübsche Umkleidekabinen aus Holz; auch in der Stadt finden sich wieder ganze Straßenzüge mit farbigen Holzhäusern aus dem 19. Jahrhundert, vor denen teilweise üppige Rosensträucher wachsen. 

Auffällig am gar nicht mal so kleinen Hafen war die geringe Wassertiefe und die niedrige Anzahl an Segelbooten. Der Vättern scheint eher auf Motorboote ausgelegt zu sein, unser Mast ragte im Hafenbild relativ einsam in die Höhe und das Echolot zeigte 1,40 Meter an. Und das bei 1,85 Metern Tiefgang. Wir hatten trotzdem keine Grundberührung - unter der Wasseroberfläche wuchsen zahlreiche Pflanzen, die die messbare Wassertiefe vermutlich deutlich minderten.

 

Am 11. Juli erliefen wir uns bei Wärme und Wind zunächst den Ort, bevor ich über die Kunsthandwerksmesse im Stadtpark mäanderte, die genau an diesem Wochenende dort stattfand - eine der größten Handwerksmessen in Skandinavien. Es gab viel zu Gucken und zu Kaufen - ich kam trotzdem mit leeren Händen zurück zum Boot, wo ich sofort in meinen Badeanzug wechselte: Direkt neben dem Hafen gab es ein großes Freibad, für das man keinen Eintritt zahlen musste. 

Anschließend gingen wir in den Biergarten am Stadtpark, wo wir gutes deutsches Biergartenessen zu uns nahmen und gutes deutsches Bier tranken - in Thomas' Fall natürlich alkoholfrei. Da ist er ja konsequent.

 

Eigentlich wollten wir am darauf folgenden Tag bei Karlsborg wieder zurück in den Götakanal. Doch die Einfahrt lag nordöstlich von uns und der Wind wehte stramm aus Nordost. Daher überquerten wir ein weiteres Mal den Vättern, diesmal unter Segeln. Genauer gesagt: nur mit unserem Vorsegel. Es war dennoch ein sehr flotter Ritt und der kleine Ort Hästholmen am Ostufer begeisterte uns sofort, da er landschaftlich schön zwischen Schären lag.

Wir liefen die Küste entlang, über uns ein beeindruckend grauer Himmel, durch den immer wieder die Sonne fiel. Neben uns Erbsenfelder, soweit das Auge reichte! Erbsen, lecker! Sie schmeckten sogar schon, auch wenn sie noch ein bisschen hart waren.

Anschließend gönnten wir uns noch ein großes Eis. Weil drei Kugeln kaum teurer waren als zwei.

Es begann zu regnen.

 

Doch am nächsten Tag war wieder Sommer. Der Wind kam noch immer aus der falschen Richtung, aber wir machten uns auf nach Karlsborg und fuhren erneut in den Götakanal hinein.

 

Der 14. Juli dann war ein Montag. Wir tuckerten weiter und erreichten bei Forsvik den höchsten Punkt des Götakanals: 91,8 Meter! 

Das klingt nach wenig? Mitnichten! Diese 91,8 Meter mussten wir schließlich alle hochschleusen. Ab nun wird nur noch bergab geschleust, was deutlich einfacher ist.

Hinter Forsvik wurde der Götakanal noch einmal besonders schön. Verwunschen, verschlungen, Pfeile zeigten uns den richtigen Weg, dem wir gewissenhaft folgten, denn dahinter lauerten Untiefen. Schären links und rechts, enge Betonnung. Seerosenblätter auf den stillen Wassern jenseits der Fahrrinne.

Dann öffnete sich der Kanal langsam zum nächsten und höchst gelegenen See der Reise: dem Viken.

Uns war nach Frühstück. Wir ankerten in einer Bucht zwischen ein paar Inseln und blieben dort. Denn nach dem Frühstück mussten wir ruhen. Und dann baden. Das Wasser war herrlich. Wir wollten nicht weg. Also blieben wir auch über Nacht.

 

Vorher mussten wir uns allerdings doch noch einmal umlegen. Schon beim Ankern war uns aufgefallen, dass das in unserer Bucht sechs bis sieben Meter tiefe Wasser plötzlich nur noch zwei, zweieinhalb Meter tief war. Nachdem es dann irgendwann mehrmals rumste, mussten wir feststellen, dass wir offensichtlich zielsicher über dem einzigen Felsen weit und breit geankert hatten. Also zogen wir noch einmal um, fünfzig oder hundert Meter weiter.

 

Ein wunderbarer roter Sonnenuntergang. Eine herrliche Nacht, ganz still. Ein ebenso stiller, traumhafter Morgen. Wir badeten im Viken und wollten gar nicht mehr weg. Bis wir dann doch wieder aufbrachen.

Wärme, Sonnenschein. Kleine Inselchen rechts und links, dann fuhren wir bei Tåtorp erneut in den Götakanal, der uns sofort mit einer Klappbrücke und einer Schleuse begrüßte. Wir mussten ein wenig warten und trafen einen deutschen Segler wieder, den wir bereits in Ystad kennengelernt und nach Kalmar wieder aus den Augen verloren hatten. Inzwischen war seine Frau mit an Bord.

Anschließend zogen wieder wunderschöne Landschaften an uns vorbei. Wir passierten Brücken, vor denen wir teilweise länger warten mussten, wie etwa vor der Eisenbahnbrücke bei Töreboda.

Gut ist, dass es dort elektronische Anzeigetafeln gibt, auf denen die nächste Brückenöffnung angezeigt wird.

Schlecht ist, wenn dort "13 Uhr" steht, obwohl es schon 14 Uhr ist.

 

Wir tuckerten an der Kabelfähre "Lina" vorbei, der kleinsten Fähre Schwedens, und nach einer letzten Brücke legten wir uns in den Hafen von Töreboda, längsseits des Kanals. Die Stadt ist nicht interessant, aber es war Sommer und wir hatten nichts auszustehen. Auch nicht am nächsten Tag, für den Regen und Gewitter angekündigt waren. Doch es fielen nur ein paar Tropfen, es grummelte etwas in der Ferne und ich paddelte mit dem Stand-up-Paddel bis zur nächsten Brücke und wieder zurück.

Es blieb warm.

 

Am 17. Juli erreichten wir dann Sjötorp. Der Weg dorthin führte durch drei Einzelschleusen, fünf Doppelschleusen und eine Dreifachschleuse, dazu einige Brücken ... und das bei der Hitze. Während einer Wartepause duschten wir uns schnell im Heck ab; ich cremte mich anschließend nicht wieder ein und fing mir den ersten Sonnenbrand der ganzen Reise ein. Menno.

Die nächsten beiden Tage blieben wir in Sjötorp, der Endstation des Götakanals - zumindest wenn man, wie wir, von Osten kommt. Wir blieben hauptsächlich deshalb, weil es zu heiß zum Weiterfahren war. Wir gingen essen, ich erlief mir Ort und Hafenbereich und schaute mir an, was es zu sehen gab. Wir nutzten ein letztes Mal die Waschmaschinen, die in der Kanalgebühr inbegriffen sind. Erledigten am PC, was es zu erledigen gab (zum Beispiel Beherbergungsabgabe und den letzten Blogbeitrag).

 

Nur noch eine Doppel- und eine Einzelschleuse im Hafenbereich von Sjötorp - und dann hätten wir den Götakanal in voller Länge durchfahren. Dahinter öffnete sich der Vänern, der größte See Schwedens und der drittgrößte Europas.

 

 

 

 

 


 

 

Der Götakanal bis zum Vättern

 

 


 

27. Juni - 7. Juli

 

Mem - Söderköping - Norsholm - Berg - Borensberg - Motala

 

Mem. Der unergründliche Klang dieses Ortsnamen hatte uns im Vorfeld schon lange begleitet. Und nun waren wir endlich da. Vor uns lag der Götakanal!

Wir meldeten uns im Kanalbüro an und bekamen die magische Banderole, die wir um den Bugkorb klebten und die uns freies Liegen und freie Waschmaschinennutzung in den Häfen am Kanal garantierte (Serviceleistungen, die wir natürlich im Vorfeld bezahlt hatten).

Die erste Schleuse war schon in Sichtweite.  Wir meisterten sie am nächsten Morgen aufgeregt, aber bravourös.

 

Der Götakanal ist 190,5 Kilometer lang (davon 103,2 Kilometer Seen). Wenn man von Osten kommt, so wie wir, beginnt er in Mem und endet in Sjötorp, wo er in den Vänern mündet, den größten See Schwedens. Auf dem Weg durch den Kanal muss man 58 Schleusen passieren.

Egal, von welcher Seite man kommt: Zunächst geht es bergauf. Beim See Viken hat man dann mit 91,8 Metern den höchsten Punkt der Strecke erreicht. Vielleicht findet ihr, das klingt gar nicht so hoch - aber schleust ihr mal 91,8 Meter bergauf!

 

Zusätzlich zu den Schleusen passiert man auch noch 50 Brücken. Nur wenige davon sind hoch genug, um darunter durchzufahren. Die meisten von ihnen sind kleinere Roll-, Dreh- und Klappbrücken. Es gibt zwei Aquädukte (soll heißen: Der Kanal verläuft über der Straße) und schließlich mehrere Eisenbahnbrücken.

Während die meisten Brücken und Schleusen bei Bedarf geöffnet werden, sind die Öffnungszeiten der Eisenbahnbrücken natürlich an die Bahnfahrpläne angepasst. Im Gegensatz zu Autos stoppen Züge leider nicht vor Brücken.

 

Aber auch vor den Schleusen kann es zu langen Wartezeiten kommen, zum Beispiel, weil zunächst in die Gegenrichtung geschleust wird. Oder weil man zunächst eines der größeren Passagierschiffe vorbeilassen muss, die immer Vorrang haben. Dann kann es schon mal ein paar Stunden dauern, bis man weiterfahren darf - vor allem vor Schleusentreppen. Aus dem Grund weiß man auch nie, wann man sein Tagesziel erreichen wird.

 

Ja, es gibt Schleusentreppen. Es gibt Einzelschleusen, Doppel- und Dreifachschleusen. Und dann noch die beiden Schleusentreppen in Berg (7 Schleusen) und Borenshult (5 Schleusen).

Der Name "Berg" ist kein Zufall. Man schleust wirklich einen Berg hoch.

 

Aber ich greife vor.

 

Zunächst einmal tuckerten wir am 27. Juni von Mem nach Söderköping. Wir ließen die "Princess Svanevit" passieren, den mit 22 Metern längsten je gebauten Zwölfer und schwedisches Aushängeschild in Bezug auf Bootsbau und Kunsthandwerk. Ein weiteres Schiff mit eingebauter Vorfahrt. (Dafür musste die Prinzessin einen Tag später den Mast legen, um unter einer 22 Meter hohen Brücke durchzufahren).

 

Söderköping ist eine sehr schöne Stadt mit zahlreichen Holzhäusern aus dem 18. und 19. Jahrhundert, die wir bei freundlichem Wetter genießen durften. Auf der dem Hafen gegenüberliegenden Kanalseite ragt der Ramunderberg 70 Meter in die Höhe. Man kann ihn über zahlreiche Treppenstufen erklimmen, was wir am selben Abend getan haben. Von oben hat man einen grandiosen Blick über Stadt und Boote.

 

Schon in Söderköping wurde deutlich, dass Schweden eine Minigolfnation ist. Die Minigolfplatzdichte entlang des Kanals ist beeindruckend.

 

Am nächsten Tag ging es durch einige Schleusen und Brücken weiter nach Norsholm. Obwohl kaum als Ort zu bezeichnen und eher unspannend, blieben wir aufgrund von starkem Wind einen Tag länger als beabsichtigt. Natürlich blieben auch alle anderen an diesem 29. Juni dort liegen, so dass sich der Hafen schnell füllte.

Da uns gleich hinter Norsholm die erste Schleuse erwartete, hoffte ich, dass ich die einzige war, die inmitten unserer ganzen Unterlagen über den Götakanal den kleinen Einlegezettel entdeckt hatte, auf dem stand, dass genau diese Schleuse ab dem 30. Juni nicht mehr wie zuvor um 9 Uhr, sondern bereits um 8 Uhr geöffnet wurde. Wir befürchteten nämlich sehr viel Gewimmel auf zu engem Raum, wenn alle nach dem Zwangs-Hafentag gleichzeitig aufbrechen würden.

 

Doch offensichtlich war ich die einzige. Daher fuhren wir am 30. Juni morgens als erste in die Schleuse. Allerdings mussten wir anschließend eine halbe Stunde lang auf die Öffnung der Eisenbahnbrücke direkt dahinter warten. Aber die Sonne schien und es war sehr entspannt.

 

Über den Roxen-See fuhren wir anschließend nach Berg, bis zum Fuß der Schleusentreppe. Hier mussten wir aufgrund des Gegenverkehrs lange warten. Da wir aber früh angekommen waren, wussten wir, dass wir gleich zur ersten Gruppe an Booten gehörten, die bergauf schleusen würden.

Es war so warm, dass ich erstmal im Roxen baden ging.

 

Die Schleusentreppe war beeindruckend, aber wir waren inzwischen ja schon fast Profis! Natürlich ist es jedes Mal wieder spannend, ob auch wirklich alles so klappt wie beim letzten Mal, aber es klappte, und oben angekommen legten wir uns in den großen, offenen Hafen.

 

Berg war schön - obwohl es auch hier nicht viel an Ortschaft gab. Aber die Schleusentreppe ist ein Touristenmagnet, daher gibt es am Hafen Restaurants und Essensstände (nur der "Kanalkrogen" war leider gerade erst in der letzten Woche abgebrannt. Auf den Tischen stand noch Geschirr mit Essensresten, halbvolle Colagläser ... angeschmolzene Ketchupflaschen. Der Brand war zur besten Essenszeit ausgebrochen und hatte sich schnell ausgebreitet).

Auf Wiesen um den Hafen herum lagen Familien in der Sonne, die Dorfjugend sprang von den Stegen ins Wasser. Ich traf Karen aus meiner Grundschulklasse (damals in den Siebzigern).

Ich traf wirklich Karen aus meiner Grundschulklasse!

Später badeten wir ebenfalls, denn es war sehr warm.

 

Vor allem am nächsten Tag. Baden, Stand-up-Paddeln ... Ich lief allein bis zur Klosterruine Vreta. Thomas war es zu heiß zum Laufen. 

Am nächsten Tag war es noch wärmer. Es war schwülwarm, teilweise türmten sich bedrohlich schwarze Wolken über uns auf, doch es fiel kaum ein Tropfen.

Wir kühlten uns im Wasser des Hafenbeckens ab.

 

Auch am 3. Juli blieben wir in Berg liegen. Es war wieder deutlich frischer, wenn auch noch immer freundlich. Aber es war sehr windig, so dass wir mit dem Bus in das etwa zehn Kilometer entfernte Linköping fuhren. Wir blieben lange in "Gamla Linköping", einem wunderschönen Freilichtmuseum, fast einer kleinen Stadt, mit zahlreichen alten Gebäuden. Eine alte Schule, eine alte Polizeistation, eine alte Bowlingbahn ... Läden, Kunsthandwerk. In historischer Kleidung steckende Angestellte, die uns Wissenswertes erklärten. Wir liefen zum etwas abseits gelegenen Valla Gård mit mehreren Museen zu den Themen Landwirtschaft, Milch, Eisenbahn, Fahrzeuge.

Zwischendurch stärkten wir uns in einem Café, anschließend liefen wir noch zum ebenfalls sehr sehenswerten Dom. Dann fuhren wir mit dem Bus wieder zurück.

 

Am 4. Juli ging es für uns weiter. Zunächst durch mehrere Doppelschleusen, denen zahlreiche Brücken folgten. Ganz zum Schluss passierten wir noch eine Schleuse. Wieder tuckerten wir durch abwechslungsreiche Landschaften, mal hatten wir den See Norrbysjön dicht zu unserer Rechten, mal wurden wir von Schafen oder Rindern beäugt, die entspannt am Ufer unter Bäumen standen und lagen.

An unserem Zielort Borensberg blieben wir einen Tag länger als beabsichtigt, da es am nächsten Tag regnete. Egal, es gibt immer was am Computer zu tun wie zum Beispiel Isländisch-Hausaufgaben und monatliche Buchführung.

 

Hinter Borensberg mündet der Kanal in den Boren. Bei grauem und nieseligem Wetter überquerten wir am 6. Juli den See, der bei Borenshult wieder in den Götakanal mündet. Auch hier gibt es eine Schleusentreppe (mit fünf Stufen) und auch hier mussten wir warten, da zunächst von oben geschleust wurde. Doch das Wetter wurde immer freundlicher und trockener und obwohl sich die Wartestege mehr und mehr füllten, wussten wir, dass wir in der ersten Gruppe mit dabei sein würden, die anschließend nach oben schleuste.

Langweilig wird es sowieso nicht. Man trifft auf neue Leute und manchmal auch auf altbekannte, man kann beim Schleusen zuschauen - und in Borenshult gibt es sogar eine (kalte) Schwefelquelle, deren Geruch mich an Island erinnert hat.

 

Von Borenshult nach Motala war es anschließend nicht mehr weit. Es gab nur noch ein paar Brücken, viel schöne Landschaft und, ganz zum Schluss, eine einzelne Schleuse in Kombination mit mehreren Brücken. Wir legten uns in den Gasthafen der "Hauptstadt" des Götakanals.

Hinter Motala öffnet sich der Kanal zum Vättern, dem zweitgrößten See Schwedens.

 

Aber am nächsten Tag öffnete sich erst einmal nur der Himmel, so dass wir noch einen Tag länger in der, besonders bei Regen, wenig attraktiven Stadt blieben.

 

 

 

 


 

 

Stockholm und Schärengarten

 

 

 

8. - 25. Juni

 

Rånö - Utö - Malma Kvarn - Stockholm - Rastaholm - Trosa - Nyköping - Arkösund

 

Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja: 88,5 Seemeilen. 165 Kilometer. Ich wiederhole es gern: Das war der Törn von Visby auf Gotland bis zur kleinen Insel Rånö im Stockholmer Schärengarten, nahe der Stadt Nynäshamn.

Erst hatten wir wenig Wind, dann fast gar keinen mehr. Doch zum Glück haben wir einen Motor und viel Zeit nach hinten, denn im Juni wird es ja kaum noch dunkel in diesen Breitengraden. Ein wenig Nebel zog auf, dann zog er wieder ab. Sehen konnten wir trotzdem nichts: kein Land, keine anderen Schiffe. Und das über viele Stunden.

 

Gegen Mitternacht und bei absoluter Flaute kamen wir in der kleinen Ankerbucht auf Rånö an. Außer uns ankerten nur drei weitere Segelboote in diesem geschützten Gewässer.

Wir blieben einen Tag. Es war ruhig und erholsam - bis auf das eine Mal, als, klamm und heimlich, der Anker nicht mehr hielt und wir uns überrascht in einer anderen Ecke der Bucht wiederfanden.

 

Am 10. Juni tuckerten wir dann die 6,6 Seemeilen zur nächsten Insel Utö, wo wir mit Heckanker am Steg vor dem Versorgungsgebäude lagen. Kiosk und Café, Dusche und Sauna direkt vor der Tür. Von achtern wurden wir durch die vorgelagerte Insel Stora Persholmen geschützt, die durch eine Fußgängerbrücke mit der Hauptinsel verbunden ist. Im Sommer soll der Hafen brechend voll sein, die regelmäßig verkehrende Fähre ganze Heerscharen an Touristen ausspucken, doch noch hatten wir reichlich Auswahl an Liegeplätzen.

 

Utö ist landschaftlich sehr schön und hat eine spannende Geschichte:

Abgesehen von den üblichen Hinterlassenschaften der Wikinger wurde bereits im Mittelalter Erz auf der Insel entdeckt; seit dem 17. Jahrhundert dann wurde es in großem Stil abgebaut. Auf unserer Tour über die Insel kamen wir nicht nur an der holländischen Windmühle vorbei, die man schon weit übers Wasser sehen kann, sondern auch an stillgelegten Bergwerken: tiefen, mit Wasser gefüllten Gruben. Wir liefen zur felsigen Bucht Rävstavik im Süden und auf dem Rückweg durch die Lurgatan, in der sich die ehemaligen Wohngebäude der Grubenarbeiter befinden, die Ende des 18. / Anfang des 19. Jahrhunderts errichtet wurden. Heute ist es eine attraktive Wohngegend.

Anschließend gingen wir in die Sauna, die jeden Tag um 16 Uhr für die Hafengäste angeheizt wird, und anschließend kurz vom Boot aus ins Wasser - also, ich noch deutlich kürzer als Thomas, der immerhin bis zum nächsten Steg schwamm. Das Wasser war nämlich erst 12° Grad "warm". 

Das war (zumindest für mich) bisher auch das einzige Mal.

 

Auch die beiden folgenden Tage blieben wir noch auf Utö, weil es entweder zu nass oder zu windig war. Aber immer wieder war auch schön genug, um neue Wege zu erkunden.

Erst am 13. Juni, einem Freitag, ging es für uns weiter nach Malma Kvarn. Sonnenschein, kalter Wind - mal wieder direkt von vorn - eine herrliche Schärenlandschaft. Auch Malma Kvarn liegt entzückend zwischen einem Flickenteppich aus Schären, geschützt in einer kleinen Felsenbucht. Kleine, rote Häuschen, Schafe. Jeden Tag fuhr die Segelschule vom Ufer gegenüber mit ihren Jollen hinaus. Fäkalien-Abpumpstation mit Möwennest. Die Möwe kreiste nervös über uns, als wir zwei Tage später kurz dort anlegten, denn durch die Eierschalen hatten sich bereits kleine Schnäbel gepickt.

Wir drehten noch eine Runde um die kleine Insel Radalsholmen in der Bucht rechts von uns, dann eine um die noch kleinere Insel Skepparholmen in der Bucht links von uns, bevor wir uns über Saltsjöbaden auf den Weg nach Stockholm machten.

 

Es war sonnig und es wurde immer wärmer. Das Thermometer stieg bis auf 26° Grad. Und die Strecke, die wir fuhren, war extrem schön und spannend.

Vor allem die Meerengen südlich und westlich der Insel Nacka gaben uns bereits einen Vorgeschmack auf den Götakanal. Die Ufer an beiden Seiten waren (fast) zum Greifen nah und wir konnten uns kaum für eines der schönen Häuser entscheiden, die auf den Felsen am Wasser standen und gaaanz bestimmt unbewohnt waren.

Je näher wir Stockholm kamen, desto gediegener wurde die Bebauung. Auffällig viele Motorboote kreuzten unseren Weg: Kleine, schnelle Motorboote sind offensichtlich die Verkehrsmittel schlechthin für die Wege zwischen den vielen großen und kleinen Inseln und Schären.

Im Stadtgebiet von Stockholm kamen Kreuzfahrtschiffe und zahlreiche Fähren hinzu (und ich schwöre, dass ich eine Fähre gesehen habe, die aussah wie ein Bus!).

 

Wir hatten einen Liegeplatz im Stadthafen Vasahamn auf der Insel Djurgården reserviert. Der Platz war zwar besetzt, als wir ankamen, und die Hafenmeisterin mit der Situation überfordert - doch letztlich lagen wir nur einen Platz neben dem gebuchten, direkt am Ufer. Es war Sonntag, die Sonne schien und es war warm. Dementsprechend viel war los, die Menschen aßen Eis und genossen das Sommerwetter.

 

Djurgården: eine von Stockholms 14 Inseln, die durch 57 Brücken miteinander verbunden sind. In direkter Nachbarschaft lag nicht nur das ABBA-Museum, sondern auch der Vergnügungspark Gröna Lund. Die vergnügten bzw. panischen Schreie der Besucher, die sich im freien Fall hinab von schlimm aussehenden Attraktionen befanden, waren bis zum Hafen zu hören.

Und dafür hatten die auch noch bezahlt.

In Sichtweite befanden sich noch weitere Museen: das Wikingermuseum, das Wrackmuseum, das Nordische Museum.

Aber vor allem das Vasamuseum.

 

Doch die Vasa musste noch etwas warten. Als wir am nächsten Tag dorthin wollten, war die Schlange vor der Tür nämlich so lang, dass wir beschlossen, noch einen Tag zu warten, um dann am nächsten Morgen pünktlich zur Öffnungszeit des Museums um halb neun auf der Matte zu stehen. Stattdessen gingen wir zunächst ins Wrackmuseum, denn es gibt Kombikarten für genau diese beiden Museen.

Nachmittags liefen wir dann nach Gamla Stan, auf die Insel, auf der die Altstadt Stockholms mit ihren gepflasterten Straßen und Gebäuden aus dem 17. und 18. Jahrhundert liegt. Hübsche Läden, Touristenshops und jede Menge schmale und noch schmalere Durchgänge und Gassen.

Das königliche Schloss. Das Nobelpreismuseum. Und daneben der Stortorget mit den beiden fotogenen Häusern, in denen sich die Cafés Kaffekoppen und Chokladkoppen befinden.

 

Am 17. Juni dann haben wir uns rechtzeitig auf den kurzen Weg zum Vasamuseum gemacht.

Die pracht- und prunkvolle Galeone Vasa sollte das am stärksten bewaffnete Kriegsschiff seiner Zeit werden und war zudem ein Prestigeobjekt für König Gustav II. Adolf von Schweden, der es 1620 mit zwei weiteren Schiffen zusammen in Auftrag gab. Angeblich war es Gustav Adolf selbst, der verlangte, dass auf dem oberen Batteriedeck Kanonen in gleicher Anzahl und des gleichen Kalibers wie auf dem unteren Deck installiert werden sollten.

Jedenfalls geriet das Schiff dadurch zu kopflastig. Als die Vasa am 10. August 1628 zu ihrer Jungfernfahrt aufbrach, war das Wetter ruhig, doch schon geringe Krängung führte dazu, dass Wasser in die Öffnungen für die unteren Kanonen eindrang.

Nach nur 1.300 Metern Fahrt kenterte das Schiff und versank im Stockholmer Hafen, gar nicht weit von dem Ort entfernt, an dem man es heute wieder besichtigen kann. Denn nachdem der Ort des Untergangs in Vergessenheit geraten war, wurde die Vasa 1959 wiederentdeckt und 1961 gehoben und sorgfältig restauriert.

 

Und das hat sich gelohnt. Wir haben einige Stunden im Vasamuseum verbracht, konnten uns kaum losreißen von diesem gewaltigen und prachtvollen Schiff mit seinen mehr als 700 Statuen und Figuren, vor allem am Heck. Diese ehemals in leuchtenden Farben bemalten Ornamente sind heute jedoch ebenso schwarz wie der ganze Rest. Die Vasa ist ein totes Schiff - aber hätte sie nicht dieses Schicksal erlitten, würde sie heute überhaupt nicht mehr existieren.

Die Ausstellung ist enorm interessant; es gibt jede Menge Artefakte, Nachbauten und Informationen, auch in Form von Filmen.

Wir waren beide schwer beeindruckt.

 

Für den nächsten Tag hatten wir Fahrräder gemietet, mit denen wir die Insel Djurgården umrundeten. Wir waren auch, natürlich auf meinen persönlichen Wunsch hin, in der Dalagatan 46, wo Astrid Lindgren die letzten 60 Jahre ihres Lebens verbracht hat. Man kann ihre Wohnung besichtigen, es gibt Führungen - doch die sind immer schon Monate im Voraus ausgebucht. Das ist schade, denn ich hätte mir die Wohnung sehr, sehr gern angeschaut.

 

Am 19. Juni bin ich noch einmal durch Gamla Stan gelaufen, bevor wir wieder abgelegt haben. Unser Ziel war die kleine Insel Rastaholm im See Mälaren. Dazu mussten wir südlich um die Stockholmer Insel Södermalm herumfahren, durch drei Klappbrücken und unter weiteren Brücken hindurch, die allerdings hoch genug waren, um sich nicht den Mast zu stoßen. Einzig an der Schleuse, die wir passierten, war festzumachen, dass wir uns nicht mehr in einem Arm der Ostsee befanden, sondern in einem See. Unsere erste Schleuse überhaupt - die wir allerdings bei nur 70 Zentimetern Unterschied in der Wasserhöhe bravourös meisterten.

Die Insel Rastaholm war mal wieder entzückend, wir saßen abends zum Essen auf der Terrasse des Clubhaus-Restaurants, während nebenan die Mittsommer-Stange geschmückt wurde. Später blieben wir bei unseren schwedischen Bootsnachbarn hängen und saßen noch lange zusammen im bequemen Cockpit ihres Motorboots.

 

Von Rastaholm aus ging es am nächsten Tag nach Trosa. Wer Inga-Lindström-Filme kennt, hat sich sicherlich schon mal gewünscht, die malerischen Drehorte zu besuchen. Wer Inga-Lindström-Filme nicht kennt, kann die Schönheit des Ortes auch ohne Vorbildung genießen. Die alten Holzhäuser, die an den Ufern des Flusses Trosaån stehen, sind ein Touristenmagnet. 

Es war Mittsommer, es war Wochenende - es war viel los!

 

Am Sonntag, den 22. Juni ging es weiter nach Nyköping. Wieder zwischen Schären und Felsen hindurch, wieder gab es zahlreiche enge Durchfahrten, die wir mithilfe unseres Plotters, der die Seekarten elektronisch anzeigt, souverän meisterten. Das Wetter war schön, aber zunehmend windig. 

Nach Nyköping führt eine lange, schmale und gewundene Einfahrt zwischen Wiesen und Wäldern hindurch. Der Gästehafen war fast leer. Wir liefen durch die Stadt, in der es viele schöne Ecken gibt, aber beschlossen dennoch, am nächsten Tag wieder aufzubrechen und den kommenden Regen woanders abzuwettern.

 

Am 23. Juni machten wir uns auf den Weg nach Arkösund. Nachts hatte es geregnet, doch während der Überfahrt blieb es trocken. Dennoch dräute am Ende des Tages ein Gewitter.

Es war bedeckt und windig - vor allem auf dem ersten Stück seit zwei Wochen über etwas freiere See. Bei Wind aus Südost hatten wir ziemlich viel Welle - das waren wir gar nicht mehr gewohnt! Doch dann tauchten wir wieder in die lauschige Welt der Schären ein, umrundeten Felsen und Inselchen und landeten schließlich bei Sonnenschein im idyllischen Arkösund, wo es Außenduschen gibt und kurze Verbindungsstege zwischen Schären und längere Stege entlang der Küste. Bunte Häuser, Boote, viel fürs Auge.

 

Etwa eine Stunde später brach das Gewitter los.

 

 

 

 


 

 

Kalmarsund, Öland und Gotland

 

 

 

 26. Mai - 8. Juni

 

Kristianopel - Kalmar - Sandvik (Öland) - Byxelkrok (Öland) - Visby (Gotland)

 

Der Weg von Karlskrona bis zum Kalmarsund führt durch einen Flickenteppich an Inselchen und Schären, teilweise sehr dicht unter der Küste vorbei und durch schmale Fahrrinnen. Außerdem führt er unter der Möcklösundsbron hindurch, der Brücke zwischen den Inseln Möcklö und Västernäs. Sie ist achtzehn Meter hoch. Wir sechzehneinhalb. Erstmalig habe ich einfach nicht hoch geguckt. Das ist viel stressfreier! Es sieht nämlich IMMER so aus, als würde man oben hängenbleiben.

Zum Glück ist der Fahrweg gut betonnt, so dass wir heil in den Kalmarsund gekommen sind.

 

Bei Sonnenschein und Wärme erreichten wir dem kleinen Ort Kristianopel, den wir uns anschließend noch ausgiebig angeschaut haben. Viel gab es zwar nicht zu sehen, aber das, was es gibt, ist hübsch und interessant: Anfang des 17. Jahrhunderts auf Order des dänischen Königs Christian IV. planmäßig angelegt, war sie eine strategisch wichtige Stadt im Grenzgebiet zu Schweden, wovon noch heute ein Stück Stadtmauer zeugt, das mittlerweile einen Campingplatz begrenzt.

Der Hafen ist von Molen, Landzungen und kleinen Stränden begrenzt und im Mai noch ruhig; man hat einen schönen Blick auf die Heilige Dreifaltigkeitskirche.

 

Am nächsten Tag ging es schon früh weiter, denn noch hielt das Wetter still. Noch. Aber natürlich waren wir wie immer bestens informiert und wussten, dass der Wind schon bald zunehmen würde. Daher standen wir um 5.00 Uhr auf und tuckerten um 5.30 Uhr aus dem Hafen hinaus.

Blauer Himmel, ruhige See. Herrlich.

Als wir später in Kalmar ankamen, war es schon deutlich windiger. Wir suchten uns einen schönen Platz im Stadthafen vor der Linné-Universität, gingen nur wenige Schritte weiter bei "Zegel" essen und erliefen uns dann das Kalmarer Schloss und die Altstadt. Inzwischen war es windig geworden und bewölkt.

Der folgende Tag brachte Regen (allerdings bei weniger Wind), erst nachmittags wurde es trockener und ich lief noch mal ein bisschen in Richtung Schloss und dann über den imposanten Friedhof Södra Kyrkogården. 

 

Am nächsten Tag war Donnerstag, der 29. Mai. Himmelfahrt. Wir verließen Kalmar bei zunächst gutem Wind, später schlief er dann ein - aber dafür wurde es warm! In kurzer Hose und im T-Shirt erreichten wir den Ort Sandvik auf der Insel Öland an der gegenüberliegenden Seite des Kalmarsunds. Der erste Sommertag fiel für uns in diesem Jahr also mit Himmelfahrt zusammen. An diesem Tag liefen wir noch an der Küste entlang Richtung Norden bis zu einem Kalksteinbruch.

Der 30. Mai begann zunächst mal wieder mit Regen, besserte sich dann aber und wurde wieder warm und schön, wenn auch windig. Diesmal liefen wir an der Küste entlang in Richtung Süden und ich war im Paradies: Die Kalksteinplatten, die das Ufer  bedeckten, waren voller Fossilien! In erster Linie konnte man die Versteinerungen von Ortoceren (eine Gattung ausgestorbener Kopffüßer) und Trilobiten (eine ausgestorbene Klasse meeresbewohnender Gliederfüßer) finden. Die schönsten Exemplare saßen natürlich bombenfest in den Felsen, aber wir fanden auch ein paar kleinere Steinbrocken mit fossilen Überresten, die wir mitnehmen konnten.

 

Unser nächstes Ziel dann war Byxelkrok im Norden Ölands. Auch hier kamen wir bei Wärme an.

Von Sandvik aus hatten wir Fahrräder mieten wollen, was aber weder online noch telefonisch geklappt hatte. Auf meine E-Mail hin hatte ich schließlich nur die Auskunft bekommen, dass im Augenblick noch kein Fahrradverleih stattfindet. Vorsaison eben.

Als wir jedoch erst einmal in Byxelkrok waren, hatte der Fahrradverleih sehr wohl geöffnet und wir sogar die Möglichkeit, E-Bikes zu mieten, was wir umgehend gemacht haben. Und zwar für den folgenden Tag.

Am 1. Juni fuhren wir dann zunächst Richtung Süden, zu "Byrums raukar". Rauken sind Kalksteinsäulen, die durch Erosion entstanden sind. Die größten dieser Säulen nahe dem Ort Byrum sind etwa vier Meter hoch. Auch hier entdeckten wir wieder zahlreiche Fossilien im Gestein.

Anschließend fuhren wir in den Norden der Insel, hauptsächlich durch Wälder. Machten einen Abstecher zum langen, weißen Sandstrand an der Nordostküste Ölands. Besuchten den weißen Leuchtturm "Langer Erik" ganz im Norden. 

Mein Akku hielt etwa 40 Kilometer durch, dann musste ich strampeln. Auf dem letzten Stück hatten wir Gegenwind und Thomas hat mich geschoben.

Anschließend hatten wir uns eine Portion Fish & Chips in "Victors hamnkrog" verdient!

 

Der nächste Tag war wettermäßig ziemlich durchwachsen. Erst nachmittags lief ich ein Stück an der Küste entlang, wurde von Küstenseeschwalben angeschrien, kam in einen Regenguss und klatschnass wieder zurück an Bord.

 

Am 3. Juni dann war es mal wieder sonnig, wir hatten gute Sicht und den Wind von achtern. Auf nach Gotland!

Nachdem sich die Segel an die achterlichen Winde gewöhnt hatten, lief es gut. Ein bisschen viel Welle, aber wir kamen flott voran. Und dann, nach einigen Stunden Ostsee, Ostsee kam endlich Gotland in Sicht! Steile Klippen und die Türme der Stadt Visby.

Bei unserer Ankunft verließen gerade zwei große Fähren den Hafen, eine nach der anderen; wir schafften es dennoch ins Hafenbecken und bis ganz ans Ende, ganz nach innen, wo wir gefühlt im Herzen der Stadt anlegten.

 

Visby: gut erhaltene und wunderschöne mittelalterliche Hansestadt aus dem 12. Jahrhundert und UNESCO-Weltkulturerbe. Die Altstadt ist von einer fast vollständig erhaltenen dreieinhalb Kilometer langen Ringmauer umgeben. Viele ihrer ursprünglichen Türme aus dem 13. Jahrhundert sind noch intakt. Neben der Domkirche finden sich innerhalb der Stadtmauer auch die Ruinen zahlreicher im 16. Jahrhundert auf Betreiben der mächtigen Hansestadt Lübeck zerstörter Kirchen.

Apropos Hanse:  Was uns vor unserer Ankunft nicht bewusst gewesen war, war, dass genau an diesem Wochenende der 45. Internationale Hansetag stattfinden würde - und das erste Mal seit 1998 wieder in Visby. Vom 5. - 8. Juni waren Delegationen und Besucher aus dem ganzen Wirkungbereich der ehemaligen Hanse angekündigt, außerdem Musik auf Bühnen, Marktstände, Kunst, Veranstaltungen.

Schluss mit Vorsaison!

 

Was uns vor unserer Ankunft auch nicht bewusst gewesen war: Alle Pippi-Langstrumpf-Filme sind ebenfalls in Visby gedreht worden! Pippi reitet auf dem "Kleinen Onkel" durch eines der historischen Stadttore ein, kauft dort für ein Goldstück den Süßigkeitenladen leer - und auch die "Villa Villekulla", wie die Villa Kunterbunt im Original heißt, steht nur wenige Kilometer von Visby entfernt im Freizeitpark "Kneippbyn". Dort steht sie seit 1970, seit sie aus einem Militärgebiet zwei Kilometer weit versetzt wurde. Und das in einem Stück.

Ich habe sie übrigens gesehen, die Villa Kunterbunt! Zwar nur durch einen Zaun mit beschränkter Sicht ... aber trotzdem. Die echte Villa Kunterbunt.

 

Für den nächsten Tag hatten wir nämlich wieder E-Bikes gemietet. Zunächst ging es in Richtung Norden bis zum kleinen Hafen Nyhamn, wo wir am Strand gepicknickt haben; abends sind wir dann noch mal in Richtung Süden gefahren. Auf diesem Weg habe ich die Villa Kunterbunt gesehen, bevor wir die Klippen von Högklint erreichten, von wo aus wir Weitsicht bis nach Visby hatten.

 

Am 6. Juni dann hatten wir einen Toyota Corolla zur Verfügung, den wir günstig bei "Mickes Biluthyrning" am Fährterminal gemietet hatten.

Vormittags konnten wir uns noch bei schönem Wetter die "Jungfrun", den höchsten Rauk Gotlands bei Lickershams sowie ein paar weitere Rauken in der Umgebung erlaufen und am Steinstrand nach Fossilien wühlen. Während unserer Picknickpause am kleinen Hafen von Hallshuk im Norden bezog es und dann dauerte es nicht lange, bis es zu regnen begann. Daher haben wir den Fähranleger in Fårösund hinüber zur Insel Fårö nur aus dem Auto betrachtet, ebenso wie die kleine, durch einen kurzen Damm mit dem Festland verbundenen Insel Furillen, auf der es ein Hotel in einem stillgelegten Kalksteinbruch gibt - was ziemlich spannend ist.

Der Ort Slite hingegen ist nicht zu empfehlen. Eigentlich wollten wir dort irgendwo einkehren, aber es gibt dort nichts Charmantes. Nur Zementindustrie. Und auch die Själsö-Bäckerei hatte auf dem Rückweg geschlossen.

Aber ist ja nicht so, dass wir nichts an Bord hätten.

 

Am nächsten Tag, einem Samstag, war das Wetter wieder schön. Allerdings viel zu windig, um aufzubrechen. Daher blieben wir noch einen weiteren Tag in Visby und ich hatte noch etwas mehr Zeit für die schöne Stadt. Durch den Hansetag war viel los in den Straßen und es gab mehrere Bühnen, auf denen Musik gemacht wurde. So schön. 

 

Am Sonntag, den 8. Juni dann machten wir uns auf den langen Ritt von Visby hinüber zur Insel Rånö im Stockholmer Schärengarten.

Viele Stunden lang kein Land in Sicht. Kein anderes Schiff. Allein auf hoher See.

 

88,5 Seemeilen. Das sind 165 Kilometer.

 

 

 

 

 


 

 

Schonen und Hanö-Bucht

 

 

 

13. - 26. Mai

 

Ystad - Kåseberga - Kivik - Hanö - Karlskrona

 

Vier Nächte blieben wir in Ystad an der schwedischen Südküste. Erliefen uns die Stadt und wandelten auf den Spuren von Kurt Wallander, der genau hier seine Fälle löst.

Zwar habe ich noch nie einen Wallander gelesen oder eine der zahlreichen Verfilmungen gesehen - doch während unseres Aufenthalts in Ystad habe auch ich Blut geleckt! Nachdem wir in "Fridolfs Café" (Wallanders Lieblingscafé) eine Kardamom-Zimtschnecke gegessen haben und ich sogar die Mariagatan 10 (Wallanders Wohnhaus) aufgesucht habe, wird mir nichts anderes mehr übrig bleiben: Jetzt muss ich auch mal eines der Bücher lesen.

Oder mir einen Film anschauen.

 

Am 17. Mai dann fuhren wir weiter nach Kåseberga. Der kleine Ort liegt nur elf Seemeilen von Ystad entfernt, daher waren wir bereits zwei Stunden später an unserem Ziel. Und das war auch gut so, denn es war saukalt.

 

Schon vom Wasser aus hatten wir oberhalb der Steilküste eine Reihe von großen Findlingen erspäht, säuberlich nebeneinander aufgereiht wie die Kauleiste von Jürgen Vogel.

Die Ales Stenar sind der Grund dafür, warum dieser kleine Ort am südöstlichen Zipfel von Schonen ein Touristenmagnet ist: Die aus 59 Steinen bestehende Schiffssetzung ist eine der größten noch erhaltenen im skandinavischen Raum, 67 Meter lang und 19 Meter breit.

Schiffssetzung heißt die Formation deshalb, weil die Steine in Form eines Schiffs angeordnet sind. Sie markieren ein Gräber- oder Urnenfeld. Man nimmt an, dass die Ales Stenar etwa im Jahr 600 entstanden sind.

 

Der Hafen von Kåseberga ist klein. Es gibt keine Heckpfähle oder -bojen, man liegt längsseits der Mole. Im Sommer wird das häufig zum Problem, weil der Hafen schnell überfüllt ist - nicht allerdings an diesem 17. Mai: Wir waren die einzigen Segler, die dort festmachten (zumindest bis viel später noch ein weiteres Boot dazu kam).

Dennoch gibt es direkt am Hafen, im Windschatten des Uferhangs, mehrere Restaurants und Läden in roten Schwedenhäuschen, darunter eine Fischräucherei, in der man Heringsstückchen (oder auch: Sill) in Lakritzsoße kaufen kann.

Nein, gar nicht eklig! Das ist voll lecker!

Man bekommt auch Eis, zum Beispiel Lakritzeis, zumindest an diesem Nachmittag unseres Ankunftstages. Denn es war ein Samstag, das Wetter war freundlich und die Ales Stenar sowie die überschaubare Infrastruktur am Hafen lockten Besucher an.

Abends ging die Sonne rot unter und wir liefen noch einmal hoch zur Schiffssetzung, um sie im Abendlicht zu fotografieren.

 

Das war auch gut, denn am nächsten Tag regnete es. Regen, Wind, Kälte. Zum Glück ist es an Bord der Livia gemütlich; wir haben Standheizung und einen Heizlüfter, und es gibt ja auch immer was am Computer zu tun. Zum Beispiel, nach dem Ravlunda-Schießgebiet zu googeln. Am folgenden Tag wollten wir nämlich nach Kivik in der Hanöbucht fahren und nur ein Aushang am Hafen von Kåseberga machte uns darauf aufmerksam, dass es dort ein großes Schießgebiet gibt, das sich 22 Kilometer in die Hanöbucht hinein erstreckt. Und in den kommenden beiden Tagen sollte dort geschossen werden.

 

Schießgebiet? Also echt, was soll denn sowas?

 

Ein Telefonat am Abend sowie eins am Morgen unserer Abfahrt führte zu keinen weiteren Informationen als denen, die wir ohnehin schon dem Aushang entnommen hatten. Daher mussten wir selbst eine Entscheidung treffen und fuhren einfach los. Nach der Einfahrt in die Hanöbucht blieben wir dicht unter der Küste und hielten uns an der Außengrenze des Schießgebiets.

 

Ohne Löcher im Segel kamen wir in Kivik an. Wie die meisten schwedischen Häfen bisher war auch dieser entzückend; es gab rote Häuser, einen Strand und viel Natur innerhalb des Hafenbeckens und für hinten eine Heckboje. Und: Sonne und wenig Wind! Bis 20° hatten wir an diesem Nachmittag und, ganz ehrlich: Das kann man wirklich gut mal haben!

 

Doch auch für den nächsten Tag war gutes Wetter angesagt und das mussten wir nutzen. Also verließen wir Kivik wieder. Und heute führte kein Weg dran vorbei: Wir mussten das Ravlunda-Schießgebiet queren. Da ab neun Uhr geschossen werden sollte, standen wir schon vor fünf auf und waren um halb sechs unterwegs.

Sonne, Kälte.

Eine halbe Stunde lang hatten wir guten Segelwind, dann schlief er mit einem Mal ein, als hätte jemand den Stecker gezogen. Thomas setzte den Gennaker, ein besonders leichtes und bauchiges Segel, doch vergeblich: Wir bewegten uns kaum noch vorwärts. Aber egal. Wozu hat man einen Motor.

Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass es sehr kalt war?

 

Hanö. Die namensgebende Insel in der Hänöbucht, gut zwei Kilometer lang, 1,3 Kilometer breit - und wir hätten den ganzen Sommer dort verbringen können. Eine Hafenmeisterin namens Lotta, ein kleines Dorf aus bunten Häuschen, ein einziges Restaurant am Hafen, das im Mai noch geschlossen ist, keine Gelegenheit einzukaufen. Dafür lichter Wald, steppenähnliche Grasflächen und Steine, Steine, Steine. Von Gletschern abgeschliffene Felslandschaften, Findlinge, so groß wie Lastwagen, Geröllfelder ... außerdem überall die Hinterlassenschaften der Damhirsche, die hier leben. Und Sonne! Inzwischen war es sogar ein bisschen warm geworden.

Am höchsten Punkt der Insel steht ein weißer Leuchtturm; aus der Höhe von 60 Metern hat man einen tollen Weitblick.

 

Wir blieben vom 20. bis zum 24. Mai auf Hanö. Nach dem ersten Tag schwächelte das Wetter deutlich, wir hatten viel Wind und Regen - aber immer wieder auch trockene Abschnitte, in denen die Sonne sich zeigte und unter finsteren Wolken für dramatisches Foto-Licht sorgte.

 

Für den 24. Mai war dann wieder besseres Wetter angekündigt, sowie Wind aus der richtigen Richtung. Unterhalb der Nordküste der Hanöbucht fuhren wir gen Osten, in Richtung Karlskrona. Der Wind kam aus Süd, war weder zu stark noch zu schwach und brachte uns flott voran - nur auf die Welle, die sich über die Ostsee aufgebaut hatte, hätten wir gern verzichtet.

 

Das nördliche Ufer der großen Hanöbucht ist gekennzeichnet durch die südlichste Schärenlandschaft der schwedischen Ostküste. Richtig spannend wurde es für uns, als wir schließlich zwischen Inseln hindurch auf Karlskrona zusteuerten. Auf dem Plotter, auf dem wir im Cockpit unseren Kurs verfolgen, konnte ich zunächst vor lauter Inseln und Schären gar nicht erkennen, wohin wir eigentlich unterwegs waren. Wie sollten wir nur jemals unseren Weg zwischen diesen ganzen Steinen und Felsen hindurch finden?

Aber natürlich ist das Fahrwasser bestens betonnt. Auf jedem Felsen rechts und links der Fahrrinne stehen Festungsanlagen und Wehrtürme, denn Karlskrona war nach der Errichtung im 17. Jahrhundert Hauptstützpunkt der schwedischen Flotte und ist bis heute Zeuge der einstigen militärischen Großmacht des Landes. Noch immer ist Karlskrona Marinestützpunkt.

 

Der Yachthafen ist groß und nicht sehr charmant, aber dafür zentral gelegen, und er bietet einen schönen Blick auf vorgelagerte Inseln und Schären.

Thomas und ich erliefen uns noch am Ankunftstag die 37.000-Einwohner-Stadt mit ihrer architektonischen Mischung aus barockem Ideal und militärischen Anlagen der letzten Jahrhunderte, aus modernen Wohnblöcken und traditionellen schwedischen Holzhäuschen. Da Karlskrona ursprünglich auf mehr als 30 Inseln und Inselchen erbaut wurde, ist es nie weit bis zum Wasser.

 

Der 25. Mai dann war ein Sonntag. Wir wuschen Wäsche und gingen ins Marinemuseum. Für den Nachmittag war nämlich Regen angekündigt, was aber egal ist, wenn man im Museum ist. Davon abgesehen ist das Marinemuseum sehr interessant.

 

Am Montag verließen wir Karlskrona wieder.

Schon bald hatten wir die Hanöbucht hinter uns gelassen.

 

 

 

 

 


 

 

Durch die dänische Südsee

 

 

 

8. - 13. Mai

 

Fahrensodde (Flensburg) - Kappeln - Bagenkop (Langeland) - Kragenæs (Lolland) - Klintholm (Møn) - Ystad (Schweden)

 

Im Mai wollten wir los, mein Mann Thomas und ich. Nicht unbedingt gleich Anfang Mai, sondern erst dann, wenn das Wetter es erlaubte. Schließlich sind wir Extremsegler: Wir segeln nur bei extrem gutem Wetter!

 

Doch Anfang Mai war das Wetter bereits ziemlich gut. Die Sonne schien viel, die Temperaturen waren stabil zweistellig - zumindest tagsüber. Auch der Wind war stabil: Er wehte konsequent aus Ost. Nicht unbedingt ein Vorteil, wenn man mit dem Segelboot nach Schweden möchte - aber wollten wir wirklich noch länger warten? Viel besser konnte das Wetter zu dieser Jahreszeit nicht werden.

 

Als wir dann am Donnerstag, den 8. Mai unseren Heimathafen in Fahrensodde verließen, begleitet von Nebelhorn und "The Leaving of Liverpool", virtuos arrangiert von unserem Nachbarn und Freund Erich, war ohnehin Flaute - daher spielte die Windrichtung an diesem Tag keine Rolle. "Schweinswalwetter", stellte ich umgehend sachkundig fest und, richtig, schon auf der Höhe von Meierwik hatten wir die erste Begegnung. Und kurz darauf die zweite.

Es sollten an diesem Tag insgesamt sechs werden; zumeist waren die Tiere paarweise unterwegs.

 

Ohne Wind tuckerten wir unter Motor bis Kappeln in der Schlei.

In Kappeln suchten wir am nächsten Morgen noch einen Yachtausstatter auf, dann tuckerten wir die Schlei wieder hinauf und weiter Richtung Osten. Sonne, Flaute.

Etwa auf der Hälfte der Strecke nach Bagenkop auf der Insel Langeland kam dann doch Wind auf und nicht nur das: Der Wind drehte, plötzlich hatten wir Wind und Welle von achtern und zwar mehr, als wir uns eigentlich von Neptun erbeten hatten. Aber das Seglerleben ist kein Wunschkonzert: Zumindest kamen wir flott an unser Ziel, wo wir eine große Auswahl an Liegeplätzen hatten, denn noch ist Nebensaison.

Mit sicherem Griff wählten wir die Mole mit Seitenwind.

Anschließend erliefen wir uns den kleinen Ort, erklommen eine Düne mit Weitblick, während sich die Kirche, die wir aus der Ferne von überall sehen konnten, aus der Nähe stets entzog und einfach nicht mehr da war. Als wir sie dann schließlich gefunden hatten, lag sie ohne jeglichen Zugang hinter irgendwelchen Hecken. Dann eben nicht. Wir hatten sowieso Hunger und sind lecker im "Spisestedet" am Hafen essen gegangen.

 

Am nächsten Tag wollten wir eigentlich auf die schöne kleine Insel Vejrø, die allerdings zwei Nachteile hat: Man liegt dort sehr teuer und bei Südostwind zudem sehr unruhig im Hafen. Zwar begann der Tag wieder mit Flaute, aber auch heute sollte der Wind später deutlich zunehmen und von Südost kommen.

Dann eben Kragenæs auf Lolland. Was wir über Kragenæs nicht wussten, was uns aber gleich bei der Einfahrt in den Hafen ein gewisses Osterinsel-Feeling gab: Nur wenige hundert Meter entfernt, in unmittelbarer Nähe mehrerer bronzezeitlicher Grabhügel, befindet sich auf einer Anhöhe die "Art in Progress"-Installation Dodekalitten des dänischen Bildhauers Thomas Kadziola.

Wir hatten das große Glück, dass der Progress schon weit fortgeschritten ist, denn begonnen wurde mit dem Projekt im Jahr 2010. Im Mai 2025 stehen bereits zehn der zwölf geplanten Steinfiguren an ihren Plätzen und bilden einen Kreis mit einem Durchmesser von 40 Metern. Zehn Granitsäulen, 7 bis 9 Meter hoch und jeweils bis zu 45 Tonnen schwer. Ruhig schauen sie aus großer Höhe aneinander vorbei, bestenfalls noch über die Meerenge hinüber nach Fejø.

Besonders beeindruckend: Wenn man zwischen ihnen steht, hört man sphärische Klänge, nämlich die Musikinstallation Solkreds des Komponisten Wayne Siegel. Diese "kreiert sukzessive sich verändernde Klangkulissen für die Skulpturen". Oder auf Deutsch: computergenerierte Musik, die sich abhängig von den Gegebenheiten wie etwa Jahreszeit, Licht und Wetter ständig verändert.

Im nächsten Jahr soll die Installation vollendet sein.

 

Boah. Was für eine Entdeckung!

 

Am Sonntag, den 11. Mai ging es dann zunächst südlich an den Inseln Fejø und Femø vorbei, dann noch Norden ins Smålandsfahrwasser, unter der neuen und der alten Storstrømsbrücke sowie der Farøbrücke hindurch in Richtung Stubbekøbing, wo wir eventuell hätten bleiben sollen, denn anschließend wurde es anstrengend.

Ein wilder Ritt durch den Grønsund, die schmale Fahrrinne zwischen Falster und Møn, und auch anschließend in der Hjelmbucht an der Südseite Møns wurde es nicht entspannter. Im Gegenteil. Der Wind kam aus Ost, wir fuhren mit Großsegel und Motor am Wind in Richtung Nordosten, und über die freie See hatte sich erheblicher Seegang aufgebaut.

Ich neige nicht zu Seekrankheit, aber auf diesem Stück habe selbst ich den Horizont im Auge behalten, damit mir nicht schlecht wird.

Kaum hatten wir die Hafenmole von Klintholm passiert, war es dann ruhig. Zum Glück!

 

Am Montag blieben wir in Klintholm; Wir wollten mit dem Bus zu den berühmten Kreidefelsen von Møns Klint fahren. Leider fuhr kein Bus - Vorsaison. Und nein, ich habe die beiden dänisch sprechenden Busfahrer auch nicht falsch verstanden. Wir haben ein ganzes Gespräch auf Dänisch geführt. So.

Am Hafen gab es zwar einen Fahrradverleih, aber niemanden, der sie verlieh. Das Hafenbüro war eine Baustelle. Nirgendwo gab es eine Telefonnummer und bezahlen konnte man nur mit MobilePay. Fast alle Dänen benutzen MobilePay - doch leider braucht man dazu einen Wohnsitz und ein Konto in Dänemark.

Und wenn wir schon mal dabei sind: Anstelle der charmanten Fischboutique der Schwestern Hans und Hardy findet sich jetzt direkt am Hafen ein Zweckbau des Energieversorgers Vattenfall. Auch nicht schön.

 

Egal. Klintholm hat auch einen langen, weißen Strand mit Sand und Steinen und kleinen Steilküsten und Seeigeln!

 

Am nächsten Tag haben wir Møns Klint dann vom Wasser aus gesehen und die Felsen leuchteten weiß im Licht der frühen Morgensonne.

Nehmt das, Busfahrer!

Am Vortag hatten wir noch lange und immer wieder unsere Wetter-Apps konsultiert: Welcher Tag wäre besser für den Ritt hinüber nach Schweden, Dienstag oder Mittwoch? Letztlich überzeugte uns der Dienstag. Der Wind hatte auf West gedreht, später würde er zunehmen, daher brachen wir rechtzeitig um 6.20 Uhr auf. Sonnenschein und Kälte. Kälte, Kälte, Kälte! Wir fuhren westlich am riesigen Offshore-Windpark auf dem Flach Kriegers Flak entlang Richtung Trelleborg. Erst mittags gewann die Sonne ihr unermüdliches Ringen mit der Kälte und wir konnten uns nach und nach mehrerer Kleiderschichten entledigen. 

Etwa eine Stunde, bevor wir Ystad an der Südküste Schwedens erreichten, nahm der Wind zu. Plötzlich hatten wir Wind von bis zu 12 Metern pro Sekunde.

Als wir auf den Hafen zuhielten, waren es bis zu 15 Meter. Immer wieder dasselbe. Neptun ist ein Arschloch.

 

Nach elf Stunden auf See, nach mehr als 63 Seemeilen (das sind knapp 120 Kilometer) erreichten wir am späten Nachmittag Ystad.

Wir sind in Schweden!