Victoria Peak

 

Gestern habe ich nicht so viel fotografiert. Nachdem ich aus der Schule zurück ins Hotel kam, wurde ich von einem Anfall von Erschöpfung übermannt. Ganz plötzlich konnte ich einfach nicht mehr. Knock out. Daher habe ich mich erst einmal ein bisschen aufs Ohr gelegt.

 

Anschließend bin ich auf den großen Hong Kong Cemetery gegangen, der direkt hinter dem Dorsett Hotel liegt.

Der vermeintliche christliche Friedhof entpuppte sich als muslimisch und war wieder eine Herausforderung für meine geschundenen Füße: In schmalen, terrassenförmigen Abschnitten angelegt muss man zunächst einmal eine lange Treppe hinaufsteigen. Oben hat man dann aber immer wieder (auch hier ist es verwinkelt und es gibt unterschiedliche Ebenen) einen guten Ausblick auf die hohen, hohen Häuser, die noch weiter oben am Berg liegen (und natürlich auch auf alle anderen in der Gegend) - und auf den christlichen Friedhof direkt unterhalb. Doch obwohl die beiden Friedhöfe aneinander grenzen, gibt es keine Verbindung. Um auch auf den größeren Friedhof zu gelangen, musste ich erst einmal die Treppe wieder hinunter- und dann ein Stück an der stark befahrenen Wong Nai Chung Road entlanglaufen, auf die ich auch von meinem Zimmerfenster aus sehe.

 

Der katholische Friedhof war sofort als solcher zu erkennen: Engel, Marmor und Fotos auf den Gräbern unterschieden ihn deutlich vom muslimischen. Außerdem konnte ich mehr Grabsteine entziffern: Englisch, Portugiesisch, Spanisch ... aber natürlich auch viele chinesische Inschriften. Auch dieser Friedhof steigt an seinem hinteren Ende stark an und ist dort in Terrassen angelegt. Und auch, wenn man hier deutlich mehr Vogelgesang hört als in der Stadt (nein, mein Siebzig-Vogel war leider nicht dabei): Der Straßenlärm ist allgegenwärtig. Verkehrslärm. Immer.

Wenn ich nach Hause komme, vergolde und rahme ich meine Ohropax ein.

 

Abends war ich dann noch mit einigen Lehrern der GSIS essen. Und mit Boris Pfeiffer. Der hatte heute ebenfalls Lesungen an der German Swiss International School, nachdem er zuvor in Peking und Shanghai gelesen hatte.

Es ist ausgesprochen skurril, einen deutschen Kollegen am anderen Ende der Welt zu treffen. Aber natürlich haben wir uns beide riesig darüber gefreut, uns ausgerechnet in Hong Kong über den Weg zu laufen und hatten einen tollen Abend zusammen. Und natürlich mit den Lehrern. Die sind überhaupt in Gold nicht aufzuwiegen: Ständig unternehmen sie die tollsten Sachen mit mir und wehe, ich mache Anstalten, selbst zu bezahlen. Und dabei sind sie einfach nur toll und nett und entspannt - auch mit der Schulleiterin duze ich mich schon.

 

Was soll ich sagen: Nach diesem Abend war meine Erschöpfung wie weggeblasen!

 

 

Heute dann fand der Abschluss der Buchwoche an der GSIS statt. Und das war eine große Sache: Die Sieger des Lesezeichen- und Tür-Dekorier-Wettbewerbs (natürlich alles im Zeichen des Buches) wurden gekürt und alle Schüler kamen verkleidet - natürlich als Buchhelden! Überproportional vertreten waren natürlich die Harry Potters, aber auch eine Lotta war unter den Schülern zu finden.

 

Da sich die GSIS ja bereits am Hang des Victoria Peak befindet (und es heute trocken war), habe ich die günstige Gelegenheit genutzt und bin anschließend mit dem Minibus ganz nach oben gefahren. Dort oben, fast auf dem Gipfel, sah es ganz anders aus als auf den Bildern, die ich im Reiseführer gesehen habe: War dort wirklich die Rede von Shopping Malls gewesen?

Egal, der Ausblick von oben auf die Wolkenkratzer, auf den Hafen und Kowloon auf der anderen Seite war überwältigend, obwohl es heute den ganzen Tag diesig blieb - und das, obwohl sogar die Sonne sich ab und zu mal wieder hervorwagte. 

 

Ein etwa 3,5 km langer Rundweg, der sogenannte "Morning Trail", führte mich einmal um den Victoria Peak herum. Immer wieder hatte ich eine schöne Aussicht, allerdings blieb die Sicht relativ schlecht, so dass man in der Ferne nur Schemen von Inseln und Meer erahnten konnte. Die meiste Zeit über war ich allerdings von Bäumen umgeben, von fremden Pflanzen, von subtropischer Flora. Dafür ließ das ferne Rauschen des Verkehrs nach, je weiter man sich Richtung Süden bewegte. Beherrscht wurde die Geräuschkulisse ohnehin durch ein Schnarren und Krächzen ... völlig fremde Vogellaute ... dachte ich zunächst, bis ich feststellte, dass ich gar keine Vögel entdecken konnte (außer den Adlern, von denen hier einige hoch am Himmel kreisen).
Irgendwann stellte ich dann fest, dass es Insekten waren, ziemlich große, mottenartige Insekten, die das permanente Gezirpe und Geschnarre verursachten.

 

Wieder zurück am ambossförmigen Peak Tower, in dem sich außer einer Aussichtsplattform auch zahlreiche Läden und Restaurants befinden, entdeckte ich zu meinem großen Glück auch ein "Bubba Gump Shrimp & Co."- Restaurant mit Laden ... habe ich euch schon mal erzählt, dass "Forrest Gump" mein Lieblingsfilm ist?

Zum Glück war es genau die richtige Zeit für ein (frühes) Abendessen und natürlich gab es ... Shrimps mit Aussicht!

Hach. Dass dieser Tag noch besser werden konnte!

 

Anschließend dämmerte es dann ... überall gingen die Lichter an und der Blick auf Hong Kong wurde noch grandioser.

Allerdings war ich natürlich nicht die einzige, die die abendliche Aussicht von hier oben genossen hat, daher war die Schlange vor der legendären Peak Tram - mit der ich eigentlich hinunter nach Central fahren wollte -  inzwischen so lang geworden, dass ich mich doch lieber für den Bus entschieden habe. Doch auch hier gab es eine Warteschlange, daher habe ich mir einfach ein Taxi gegönnt. Und nicht mal gemeckert, als es einen Umweg gefahren ist.

 

Der glaubt wohl, ich kenne mich in Hong Kong nicht aus, der Taxifahrer!

 

 

 

 


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Kommentare: 2
  • #1

    Solveig (Freitag, 27 April 2018 17:42)

    So toll, deine Posts zu lesen!
    Wenn es deine Zeit zulässt, fahr doch mit dem Bus zur repulse bay. (Wir haben sie selfie beach getauft �) oder fahr mit der Fähre zum Lamma Island. Und die touri Attraktion, das Riesenrad ist auch toll.

    Liebe Grüße aus Deutschland
    Solveig

  • #2

    Alice (Freitag, 27 April 2018 18:11)

    Liebe Solveig,
    das freut mich sehr!
    Ich habe zum Glück noch etwas Zeit und werde noch so einiges unternehmen. Morgen fahre ich erst einmal auf die Insel Cheung Chan. Es tut gut, nach so viel Hong Kong auch mal etwas ins Grüne zu kommen, der "Morning Trail" am Victoria Peak heute war schon eine Wohltat ...

    Liebe Grüße von Alice